3-7. Forschungsansatz Daten-Kreislauf-System

Von den Sinnen über’s Rechenzentrum an die Muskeln

Die Welt, so wie wir sie wahrnehmen ist nicht eine unserer Sinne, sondern eine des Gehirns. Jedes Sinnesorgan liefert das Wahrgenommene nur in Form von Datensätzen an das jeweils zuständige Gehirnareal. Daraus erschafft es dann, jeden Tag wieder neu, eine ganze Welt: die Bilder des Tages, die Gerüche, das Erspürte, die bewusst wahrgenommenen Wörter und Töne sowie alle Geschmackserlebnisse. Ob der Tag dann ein schöner war, entscheidet am Abend wieder das Gehirn und jedes hat dafür seine eigenen Maßstäbe.

Je nach dem, wie das bisheriges Leben verlaufen ist, nimmt das Gehirn des einen Jazz-Musik als Wohlklang, das des anderen als Lärm wahr. Was ein schöner Garten ist, wird von Mensch zu Mensch anders empfunden und beim Essen sind die Geschmäcker sprichwörtlich sowieso verschieden. Wie auch immer, dass wir überhaupt jeden Tag eine Welt erschaffen können, hängt vor allem an einem funktionierenden Datenübertragungssystem (Nervenbahnen) und einem fehlerfrei arbeitenden Datenverarbeitungssystem (Gehirn).

Jetzt nach Jahren der Forschung mit Ergebnissen, die sich für die Demenzvermeidung als nicht durchschlagend erwiesen haben, ist es an der Zeit, einen neuen Ansatz zu wählen und dafür bietet sich das „Datenübertragungs- und -verarbeitungssystem“ an. Dessen Funktionieren ist für die geistige Gesundheit von eben solcher Bedeutung, wie das „Herz-Kreislauf-System“ für die körperliche Gesundheit, aber es ist noch in keiner Weise erforscht. Beide Systeme im Überblick:


1. Das Herz-Kreislaufsystem
Lebensspendend

Alle kennen das Herz-Kreislaufsystem. Vom Herzen wird das Blut durch ein riesiges Adersystem zu den Organen und Muskeln gepumpt, um die Körperzellen mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Von dort wird das verbrauchte Blut zur Regeneration in die Lunge und zuletzt wieder zum Herzen zurück gepumpt. (Wikipedia: Blutkreislauf)

Einmal das Blut vom Herzen und zurück zu pumpen, dauert etwa eine Sekunde und mit einem kräftigen Herzschlag beginnt die Zirkulation von Neuem. Dass dieses lebensspendende System im Alter regelmäßig trainiert werden muss, ist jedem nur zu bekannt. Zuständig ist das Herz-Kreislaufsystem für die mögliche Dauer der Bewegung und die angemessene Art, es zu trainieren, ist regelmäßiger Ausdauersport: Walking, Laufen, Radfahren, Schwimmen.


2. Das Daten-Kreislauf-Syste

Geistspendend

Nicht Blut sondern Daten zirkulieren im zweiten, weit weniger bekannten körperumspannenden System des Menschen. Gemeint ist das Netz der neuronalen Verbindungen von den Sinnen ins Rechenzentrum (Gehirn) und von dort aus nach der Verarbeitung hin zu jedem einzelnen Muskel. Es ist nicht wie das Herz-Kreislaufsystem lebensspendend, aber es schafft und bewahrt alles Geistige in den Lebewesen.

Wie das Herz-Kreislauf-System kann man auch dieses für die Datenübertragung zuständige System durch gezielte sportliche Aktivitäten fit halten. Zuständig ist das Datennetz für die Qualität der Bewegung. Im Zusammenhang mit den Fragen der Altersdemenz ist dieses System von eminenter Bedeutung und sollte ähnliche Beachtung finden, wie das Herz-Kreislauf-System. Gerechnet wird bei der Datenübertragung nicht in der Dauer von Sekunden, sondern in Millisekunden. (Wikipedia: Bewegungskontrolle) 1


Forschung ist gefordert?


Wissenschaftliche Forschung, die koordinativ anspruchsvolle Bewegung in ihrer Wirkung auf ein geschädigtes Gehirn ergründen will, sollte das Daten-Kreislauf-System in den Blick nehmen. Es ist für die geistige Gesundheit von großer Bedeutung und um es fit zu halten, kann dem Gehirn gar nicht zu viel abverlangt werden. Drei Faktoren bestimmen die Intensität, in der es gefordert ist:

1. Wie viele Muskeln sind an einem gewünschten Bewegungsablauf beteiligt?

2. Mit welcher Frequenz müssen die Muskeln aktiviert werden, um eine Bewegung in der gewünschten Qualität zu erhalten (Verarbeitungsgeschwindigkeit)

3. Wie lange wird die Bewegung ausgeübt (Verarbeitungsdauer)

Das Produkt der drei genannten Faktoren ergibt für die durchgeführte sportliche Aktivität ein bestimmtes vom Gehirn zu verarbeitendes Datenvolumen und je größer es ist, desto besser ist der Effekt für geistige Gesundheit. Dass bei einem halbstündigen Spaziergang im Park vom Gehirn wenig Daten zu verarbeiten sind, erklärt sich von selbst. Ganz anders bei einer stundenlangen Bergtour im unwegsamen Hochgebirge, bei der das Gehirn am Ende ein riesiges Datenvolumen aus den Sinnen in Unmengen von gezielten Impulse berechnet und an jeden der beteiligten Muskeln gefeuert haben wird.


Wirksamkeit je nach Größe des zu verarbeitenden Datenvolumens:

Hirnlos

Sehr gering ist die Leistung für das Gehirn bei eintönigen Bewegungen, die beim Ablauf nur wenig Korrekturbedarf erfordern. Eine solche, praktisch gehirnlose Bewegung, ist der Dauerlauf auf der Teerstraße.

Höchstleistung für das Gehirn

Die theoretisch mögliche Höchstleistung für das Gehirn löst dagegen eine Bewegung aus, bei der alle Muskeln zum Einsatz kommen und pro Sekunde die maximale Daten-Verarbeitungsgeschwindigkeit erforderlich ist, um den Bewegungsablauf unter Kontrolle zu halten.


1 Der Wikipedia-Beitrag zur Bewegungskontrolle ist eine hervorragende wissenschaftliche Grundlage für die Frage, wie durch gezieltes Training “geplante und ungeplante Bewegungen so ablaufen, dass deren beabsichtigtes Ziel sicher erreicht wird”. Ein sehr zu empfehlende Abhandlung für jeden, der sich des Themas “Demenzvermeidung durch Bewegung” annehmen will.

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