3-1. Die Nonnenstudie

Meilenstein in der Demenzforschung

Eine der faszinierendsten Studien zur Alzheimer-Krankheit ist die sogenannte Nonnenstudie. Amerikanischen Forschern war aufgefallen, dass Nonnen oft erheblich älter werden als die übrige Bevölkerung, aber der Prozentsatz an Altersdemenz bei ihnen weit unter dem üblichen Maß liegt. Eigentlich wollten sie bei den 678 ausgewählten Nonnen nur herausfinden, wie sie gelebt haben und ob sie bis zu ihrem Tod noch geistig fit waren. Nach ihrem Tod hat man mit deren vorherigem Einverständnis das Hirn auf die gefürchteten Anzeichen der Alzheimerkrankheit untersucht, um wissenschaftliche Rückschlüsse zwischen ihrem für die Studie aufgezeichneten Lebenslauf und der Krankheit ziehen zu können. Wikipedia: Nonnenstudie

Eine der Nonnen, Schwester Bernadette hatte zu Lebzeiten keinerlei Demenzerscheinungen. Zu aller Überraschung hat die Untersuchung ihres Gehirns nach ihrem Tod ergeben, dass es mit Plaques übersät war und nach den Gewebeproben zu urteilen, war sie eine schwer demente Frau: quasi ohne Gedächtnis und im Endstadium von Alzheimer. Und trotzdem: Bis zu ihrem Tod war sie geistig rege und übte ihre anspruchsvollen körperlichen Tätigkeiten aus. Niemand, auch sie selbst nicht, merkte etwas von einer Krankheit.


Weitere Fälle

Nach der Überraschung bei Schwester Bernadette wurden noch viele ähnliche Fälle mit Schwestern entdeckt, die trotz geschädigter Gehirne geistig gesund waren. Der Zusammenhang zwischen den Plaques und der Demenz war in Frage gestellt.


Kritik: Auf halbem Weg stehen geblieben

Dass die Nonnen aus dem Orden der Schwestern von Notre Dame in den USA für eine Studie ihre Gehirne zu Forschungszwecken zur Verfügung stellten, ist ungewöhnlich genug. Dass die Studie dabei den bis dahin geltenden Zusammenhang von Plaques und seniler Demenz erschütterte, war eine Sensation. Das Forschungsteam, hatte etwas Entscheidendes entdeckt: selbst eine Unzahl von Eiweißablagerungen und ein schrumpfendes Gehirn bedingen nicht zwingend Alzheimer. Eine Meldung also, die noch heute und für jeden einzelnen von uns von großer Bedeutung ist.

Damals, als die Macher der Studie bemerkten, dass man trotz eines geschädigten Gehirns, geistig fit bleiben kann, hätte man schon die entscheidenden Erkenntnisse gewinnen können, wie Demenz nach einem ungesund geführten Leben verhindert werden kann. Doch sie sind gescheitert. So bahnbrechend die Erkenntnisse waren, so unvollständig waren die Folgerungen daraus. Die Macher der Studie sind auf halbem Weg stehen geblieben. Auf die Frage, wie es den Nonnen gelungen ist, geistig fit zu bleiben, wurde einfach nur alles zusammengetragen, was das Leben der Nonnen ausmachte.


Leben wie die Nonnen?

Gartenarbeit, Gemeinschaft, gesundes Essen, der Glaube und das tägliche Gebet, ihre Lehrtätigkeit, die Pflege kranker Mitschwestern, Gespräche, Singen und anderes mehr. Da ist vieles dabei, was nicht zu schaden vermag, wirklich geholfen hat es aber niemandem, denn die Lebenswirklichkeit der Menschen ist eine andere.

https://www.i-rm.org/die-nonnenstudie/ (Ruth Mischnik Institut)


Die Studie muss sich den Vorwurf gefallen lassen, keine Verbindung zwischen der geistigen Fitness der Nonnen und ihren körperlichen Aktivitäten im Alter hergestellt zu haben. Statt aufzulisten, wie ihr Leben verlaufen ist, wäre es hilfreich gewesen, ihre Regsamkeit im Alter festzuhalten: wie sie sich bewegten, ob sie evtl. Sport getrieben haben und ob ihre alltäglichen Verrichtungen mehr oder weniger Konzentration erforderten.

Die so gewonnen Aufzeichnungen über jede einzelne Nonne, verglichen mit den Feststellungen bei der Untersuchung ihrer Gehirne, hätten wertvolle Grundlagen für viele weitere Alzheimerforschungen liefern können. So aber blieb die Frage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen Bewegung und Demenzvermeidung unbeantwortet.

Der logische Trugschluss bei Schwester Bernadette

Im Übrigen, vom Lebensstil von Schwester Bernadette darauf zu schließen, warum sie nicht dement wurde, ist nicht logisch. Sie hat offensichtlich gerade nicht wie eine Nonne gelebt, sonst wäre ihr Gehirn nicht von den Eiweißablagerungen übersät gewesen. Dass sie trotzdem zu der Zeit, als ihr Gehirn bereits geschädigt war, geistig fit geblieben ist, wirft die Frage auf, wie vielseitig und anspruchsvoll sie sich in ihren letzten Lebensjahren bewegt hat. Daraus hätte man dann schließen können, was im Alter nach einem ungesund geführten Leben nötig ist, um geistig fit zu bleiben.

Alzheimerforschung müsste also zweigeteilt sein: Erstens, wie soll man leben, um Plaques im Hirn zu vermeiden? Und zweitens, was kann man im Alter tun, damit Plaques im Hirn keinen Schaden anrichten?

1David Snowdon (Leiter der Nonnenstudie) : Lieber alt und gesund – Dem Altern seinen Schrecken nehmen (Blessing-Verlag)

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