Gymnastik ist die Nr. 1 der sportlichen Aktivitäten um den Körper fit zu halten. Wenn bei den gymnastischen Übungen auch die Balancefähigkeiten trainiert und so der Gleichgewichtssinn gestärkt wird, dann werden dadurch die Grundlagen für körperliche undgeistige Gesundheit geschaffen und im Alter dauerhaft erhalten.
Sitzgymnastik sind Übungen, die auf einem Stuhl oder auf dem Hocker durchgeführt werden. Sie sind sehr effektiv und speziell für Menschen mit körperlichen Einschränkungen geeignet. Sitzgymnastik hilft, die Koordination zu fördern und die Grob- und Feinmotorik auszubauen und da sie auch gut in der Gruppe durchgeführt werden kann, wird das Sozialverhalten positiv beeinflusst: Die Kommunikation und der Gemeinschaftssinn verbessern sich und die kognitiven Fähigkeiten werden zusätzlich gestärkt. Im folgenden Link werden Übungsbeispiele gezeigt.
Senioren mit Demenz (MCI) profitieren von denselben positiven Effekten der Bewegung wie Senioren ohne Demenz. Der Körper wird gestärkt, die Alltagsfähigkeiten bleiben länger erhalten und das Sturzrisiko sinkt. Wissenschaftliche Studien haben die positive Wirkung von Sport auf die Hirnfunktion bei Menschen mit Demenz belegt und durch regelmäßige Sitzgymnastik können auch Menschen mit Behinderung profitieren. Selbst dann noch wenn sie neben der körperlichen Einschränkungen zur Gruppe der von MCI Betroffenen gehören.
Gestaltung der Übungen:
Als Angehöriger oder Pflegekraft von Demenzerkrankten mit körperlichen Beeinträchtigungen sollte man darauf achten, nicht zu viel von den Erkrankten zu verlangen, um sie nicht zu überfordern. Viele Senioren mit Demenz entwickeln erst mit der Zeit und wachsender Routine ein Gefühl für die Übungen und den Spaß.
Mit Balance
Wenn (für die Fortgeschrittenen) die Sitzgymnastik zusätzlich das Gehirn fordern soll, ist es erforderlich, dass einzelne Übungen statt auf einem festen Stuhl auf einem wackligen Ball versucht werden. Sitzgymnastik hat dann einen besonders guten Effekt für das Gehirn, wenn zur Übung noch eine Form des Balancetrainings hinzu kommt.
Nur komplex zu koordinierende Bewegungen sind geeignet, der Altersdemenz wirksam etwas entgegen zu setzen. So jedenfalls die Behauptung dieser Ausarbeitung. Für die Praxis der Demenzvermeidung durch Bewegung stellt sich damit die Frage, was ist mit jenen Menschen, denen Bewegung wegen eines körperlichen Gebrechens schwer fällt. Bleiben die Älteren mit körperlichen Einschränkungen außen vor oder finden sich Antworten, wie es trotzdem gelingen kann?
Leider ist das Thema, wie man Alzheimer trotz Behinderung durch sportliche Aktivitäten abwenden kann, vollkommen unterbelichtet. Bei den Studien, die gemacht werden, müssen die Teilnehmer mehrmals die Woche ein altersgemäßes Ausdauertraining (Midlife-Exercise) absolvieren. Die Ergebnisse führen dann stets dazu, dass alle Fachleute eben jenes Ausdauertraining empfehlen.
Allein gelassen
Dass viele Menschen im Alter das Training aus unterschiedlichen Gründen gar nicht machen können, bleibt unberücksichtigt und Menschen mit Einschränkungen sehen sich deshalb bei der Frage, wie sie sich betätigen sollten, alleingelassen.
Die Frage „Demenzvermeidung bei körperlichen Einschränkungen“ ist also offen und die Schlussfolgerung, dass es die Behinderung ist, die es unmöglich macht, bietet sich an, ist aber unzutreffend. Richtig ist, es gibt viele Möglichkeiten für Menschen mit Behinderung, geistig fit zu bleiben.
Knapp die Hälfte der schwerbehinderten Menschen zwischen 55 und 74 Jahre alt
Bezogen auf die Gesamtbevölkerung waren laut Angaben des statistischen Bundesamtes zum Jahresende 2021 9,4 % der Menschen in Deutschland schwerbehindert. 50,3 % der Schwerbehinderten waren Männer, 49,7 % waren Frauen.
Behinderungen bestehen vergleichsweise selten seit der Geburt oder dem Kindesalter, sondern entstehen meist erst im fortgeschrittenen Alter. So war rund ein Drittel (34 % oder 2,6 Millionen) der schwerbehinderten Menschen zum Jahresende 2021 im Alter ab 75 Jahren. Etwas weniger als die Hälfte (45 % oder 3,5 Millionen) der Schwerbehinderten gehörte der Altersgruppe von 55 bis 74 Jahren an. Also gerade im Alter, wenn man sich zum Erhalt der geistigen Fitness intensiv bewegen sollte, wird Behinderung zunehmend ein Problem.
Weil natürlich auch körperlich Eingeschränkte geistig fit bleiben wollen, ist das Thema für die Gesellschaft und die Betroffenen virulent. Auf die Frage, welche Arten von Aktivitäten das sein könnten, findet man die Antwort wieder bei Bewegungsarten, die im Gehirn das neuronale Netz stärken und Schäden in den Schaltkreisen reparieren können. Vieles, was sportliche Senioren machen können, ist für die körperlich Eingeschränkten nicht möglich. Vorschläge für diese Personengruppe finden sich in den nachfolgenden Beiträgen.
Kraft- und Ausdauersport, Dehnungs- und Faszienübungen sei allen empfohlen, die körperlich gesund bleiben wollen. Bei Empfehlungen dagegen, wie geistige Gesundheit zu erhalten ist, sollte sich Grundlegendes ändern. Statt weltweit die gleichen Rezepte zu empfehlen ist eine Differenzierung von Land zu Land nötig. Dies lässt sich einfach erklären: bei koordinativ anspruchsvollen Aktivitäten gibt es große regionale Unterschiede. In jedem Land treibt man aus historisch gewachsener Tradition heraus Sport auf eine andere Weise. Kraft und Ausdauer werden überall gleich trainiert, aber alles koordinativ Anspruchsvolle überall anders.
Länderspezifisch gibt es viele interessante Beispiele: In Frankreich spielen alte Männer stundenlang Boule. Da für braucht es eine gute Auge-Hand-Koordination. In Deutschland geht man dafür gerne Kegeln und Stockschießen.
In China wird traditionell Tai Chi gepflegt, was Balance, Flexibilität und Koordination erfordert. In Japan ist Kalligraphie, also die Kunst des schönen Schreibens mit Pinsel und Tinte, eine beliebte Beschäftigung. Sie erfordert Präzision, Konzentration, eine gut geschultes Auge und eine ruhige Hand.
In den Wüstenregionen Ägyptens ist das Kamelreiten, auch noch im Alter, eine traditionelle Aktivität, es erfordert Balance und Koordination zwischen Reiter und Kamel. In Kanada dagegen geht man im Alter zum Angeln mit der Rute. Das erfordert Beweglichkeit, Feinmotorik, eine gute Auge-Hand-Koordination und Gleichgewichtssinn. Diese wenigen Beispiele mögen zeigen, wie sich in jedem Land alte Menschen auf andere Weise fordern.
Länderübergreifend sind die meisten aller Ballsportarten wie Tischtennis, Fußball, Volleyball, Baseball und Basketball verbreitet. Ihnen allen ist eigen, dass sie hohe Konzentration, Koordination, Rhythmus, Beweglichkeit und Teamarbeit erfordern.
In Indien hat Yoga eine Jahrtausende alte Tradition, ist aber auch überliefert in Nepal, Tibet, Thailand und Bali. Gefordert und gefördert werden dabei eine Vielzahl von koordinativen Fähigkeiten: Körperwahrnehmung, Gleichgewicht, Koordination, Flexibilität, Konzentration und Atmungskontrolle. Als länderübergreifend in den westlichen Industrieländern kann beispielhaft das Golfspiel genannt werden. Es wird oft noch im Alter ausgeübt und fordert Gleichgewicht, eine Auge-Hand-Koordination, Rhythmusgefühl, Raumorientierung, Reaktionsfähigkeit und Körperwahrnehmung, um den Schwung korrekt zu steuern.
Weltweit überall, bis hinein in jedes Dorf, bei allen Festen, in Hinterhöfen und Ballsälen, gibt es, wenn Freude aufkommen soll, nur eines: Tanzen. Volkstänze, ob in Reihen oder im Kreis erfordern Beweglichkeit Konzentration, Rhythmusgefühl und Körperbeherrschung.
Getanzt wird überall
Das Ziel ist ein hehres
Die wissenschaftliche Forschung, will sie zu Ergebnissen kommen, wie weltweit der Demenz etwas entgegengesetzt werden kann, muss sich also differenzieren. Es braucht Studien in allen Regionen, die sich auf die länderspezifischen körperlich anspruchsvollen Aktivitäten konzentrieren, um daraus jene Erkenntnisse zu gewinnen, wie die Menschen eines jeden Landes im Alter geistig fit bleiben können. Die daraus gewonnen Ergebnisse werden dann der Weltgesundheitsorganisation übermittelt, die daraus ein Gesamtbild für alle Länder mit Vorschlägen erstellen könnte, wie sich die Menschen im Alter im jeweiligen Land vielseitig und koordinativ anspruchsvoll bewegen könnten.
Ziel wäre es, weltweit jene Informationen zu liefern, wie Senioren ihren Geist gesund erhalten können. Immerhin, das Ziel aller Beteiligten, die Entwicklung demenzbedingter Pflegefälle einzuhegen, ist ein hehres.
Die Finger-Studie hat in der Demenzforschung neue Maßstäbe gesetzt. Die Macher der Studie wählten einen „multimodalen Ansatz“ (gesünder ernähren, mehr bewegen, Gedächtnisübungen). Die Uni Leipzig orientierte sich in der 2018 begonnenen „Agewell-Studie“ daran und verpflichtete die Teilnehmer zu ebenso vielseitiger Intervention.Im Einzelnen wurde den Teilnehmern nicht weniger als sechs gesundheitsfördernde Maßnahmen aufgegeben:
Die Probandinnen und Probanden hatten, basierend auf Vorerkrankungen und Lebensstil-Faktoren, ein erhöhtes Risiko für eine spätere Demenz, aber noch keine ersten Anzeichen der Alterskrankheit. Es wurden gegenüber der Finger-Studie zusätzliche Komponenten des sozialen Lebensstils und Empfehlungen zu Über- und Untergebrauch von Medikamenten aufgenommen und die Teilnehmer zu sozialer Aktivität zu ermutigt, da ein aktiver Lebensstil auch im Alter vor Demenz schützen würde. Ebenso wurde von den jeweiligen Hausärzten den Studienteilnehmern bei Bedarf spezifische Empfehlungen zu deren Medikamenteneinnahme geben. Auf das Ergebnis der Studie konnte man gespannt sein.
2023 wurde das Ergebnis veröffentlicht und es zeigt, man kann etwas tun: „Gelänge es, die beeinflussbaren Risikofaktoren um 15 Prozent zu reduzieren, könnten nach den Modellrechnungen von den erwarteten zwei Millionen Krankheitsfällen im Jahr 2033 theoretisch 138 000 verzögert oder vermieden werden. Bei 30 Prozent wären es sogar 265 000 Fälle.“
Die Ergebnisse im Einzelnen:
Die Intervention umfasste die Optimierung von Ernährung und Medikation, sowie die Steigerung der körperlichen, sozialen und kognitiven Aktivität. Insgesamt wurde kein Effekt der Intervention auf die globale Kognition festgestellt, allerdings fand sich ein signifikant positiver Effekt bei Teilnehmenden mit geringer Bildung. In der gesamten Stichprobe verbesserte sich außerdem die soziale Kognition. Außerdem konnte ein positiver Effekt der Intervention auf die gesundheitliche Lebensqualität bei allen Teilnehmenden der Interventionsgruppe feststellen, bei Frauen konnte die Intervention zudem depressive Symptome reduzieren.
Es bleibt dabei: die einzige wirksame Möglichkeit, um im Alter von 60 und mehr Jahren im Stadium beginnender Demenz (MCI) diese noch in Schach halten zu können, sind koordinativ anspruchsvolle Aktivitäten und regelmäßiger Sport. Diese Behauptung geht davon aus, dass neuronale Schaltkreise nur durch Bewegung gebildet, gestärkt und (falls geschädigt) erneuert werden können. Ausgeschlossen ist demnach, dass man die geschädigten Netze im Alter durch koordinativ anspruchslose Aktivitäten “reparieren” könnte.
Untermauert wird diese Behauptung damit, dass man ja auch in den Therapieräumen von Reha-Kliniken für Schlaganfallpatienten im wesentlichen nur Geräte und Stationen findet, die den Patienten koordinativ anspruchsvolle Aufgaben abverlangen. Da im Unterschied zum Schlaganfall bei der Demenz aber nicht einzelne Bereiche des Gehirns betroffen sind, sondern das gesamte neuronale Netz in Mitleidenschaft gezogen ist, ist es erforderlich, nicht eine oder zwei koordinativ anspruchsvolle Aktivitäten auszuüben, sondern eine Vielzahl davon. Je mehr, desto besser, weil mit jedem Bewegungsablauf ein anderer Bereich im neuronalen Netz aktiviert wird.
Wenn bei der Agewell-Studie neben all den allgemeinen gesundheitsfördernden Maßnahmen, die den Geist nur wenig fordern, nur zwei mal pro Woche 20 bis 30 Minuten Gleichgewichtstraining abverlangt wird, dann ist das zu wenig. Leider stellen die Menschen im Alter gerade jene sportlichen Aktivitäten ein, bei denen sie koordinativ herausgefordert werden. Diese betreiben sie von Jahr zu Jahr weniger und zuletzt sieht man sie, wenn überhaupt, nur (koordinativ anspruchslos) Walken, Radfahren oder Laufen im Park.
Wenn man sich von der Agewell-Studie erhoffte, dass alte Menschen, speziell wenn sie erste Anzeichen von Demenz verspüren, zu Tanzen, Gleichgewichtsübungen, Tischtennis und zu Koordinativsportarten animiert würden, wird man leider enttäuscht. Die Macher der Studie legten den Schwerpunkt auf gesundes Leben, das für geistige Gesundheit wichtig ist, aber im Alter als Ratschlag zu spät kommt, weil die neuronalen Schäden längst weit fortgeschritten sind.
Die Frage, wann Bewegung koordinativ anspruchsvoll ist, ist einfach zu beantworten: je nach dem! Erst einmal, jede Bewegung ist vom Gehirn zu koordinieren, aber in der Regel macht es das automatisch. So wird das Gehen, Schritt für Schritt, ein Leben lang vom Gehirn koordiniert ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Wenn das Kleinkind aber zum ersten mal ein paar Schritte hin zu Mutter gehen will, ist das eine sehr anspruchsvolle Herausforderung und für die ganze Familie ein Ereignis.
Definition
Allgemein formuliert kann man sagen: Bewegung ist anspruchsvoll, wenn sie Koordination erfordert, für die es im Gehirn kein oder kein gut ausgebildetes neuronales Netz gibt. Im Kindesalter ist erst einmal jeder Bewegungsablauf herausfordernd, aber einmal gelernt, dann für Jahrzehnte wenig anspruchsvoll. Wenn nach einem langen Leben die für das Alter typischen Schädigungen im Gehirn eintreten, dann werden, Jahr für Jahr mehr, diese einmal gelernten Abläufe erneut koordinativ anspruchsvoll.
Gleichzeitig
Grundsätzlich gilt auch, je mehr Bewegungselemente gleichzeitig ausgeübt werden sollen, erfordert dies eine gute Abstimmung zwischen den verschiedenen Bewegungselementen und der Anspruch für das Gehirn potenziert sich mit jeder jedem weiteren. Auf dem linken Bein stehen und mit dem rechten Knie im Uhrzeigersinn kreisen, ist machbar. Noch leichter fällt es, rhythmisch mit dem linken Arm gegen den Uhrzeigersinn kreisen. Wenn aber gleichzeitig das rechte Knie und der linke Arm gegengleich kreisen sollen, wird es für das Koordinationsvermögen anspruchsvoll. Ein gutes Beispiel für unterschiedlich und gleichzeitig ist das Spielen auf dem Klavier, wenn die Finger der rechten und die der linken Hand zusammen agieren.
Sonderfall Schlaganfall
Im besonderen Fall eines Schlaganfalls kann es bereits höchst anspruchsvoll sein, den betroffenen Arm auf der vom Schlag betroffenen Seite wieder zu heben. Dazu bedarf es erfahrener Therapeuten, viel Ausdauer je nach Schwere der Schädigung im Gehirn gelingt es, wie ehedem den Arm wieder in der gewohnten Form zu benutzen. Beim Schlaganfall stellen sich demnach wieder jene Herausforderungen wie beim Kleinkind ein, nur dass es im Alter sehr viel schwieriger ist, sich neue bzw. sich erneut einst gekonnte Bewegungsabläufe anzueignen.
Tanzen: Das Musterbeispiel koordinativer Bewegung
Aus der Perspektive des Gehirns stellt sich jede Bewegung stets so dar, dass sie entweder automatisch ausgeführt werden kann, oder sich eine Stresssituation unterschiedlichen Grades einstellt. Und Stress stellt sich immer dann ein, wenn das neuronale Netz nicht genügt, eine Bewegung in der vom Körper gewünschten Form auszuüben. Besonders ist das beim Gemeinschaftstanz mit komplexen Tanzschritten zu spüren.
Wenn im Rhythmus nach dem Takt der Musik und nach den von der Tanzlehrerin angesagten Schrittfolgen diese im Gleichklang mit den Mittänzern umgesetzt werden sollen ist das für das Gehirn eine besonders koordinative Herausforderung. Stress pur aber heilsam allemal.
Die kognitiven Fähigkeiten sind von Mensch zu Mensch verschieden. Das liegt weniger an den unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten des Gehirns, sondern am individuellen Charakter und der Einstellung zum Leben. Wenn man im Leben genügend motiviert ist, kann man durch die folgenden sechs Hilfsfunktionen, wenn sie geschult sind und bewusst angewandt werden, seine geistigen Fähigkeiten in optimaler Weise nutzen:
1. Aufmerksamkeit: Allgemein stellt Aufmerksamkeit die Konzentration der Wahrnehmung auf bestimmte Stimuli unserer Umwelt dar. Ein wesentlicher Bestandteil von Aufmerksamkeit ist die Auswahl von Informationen (Selektion), um sie dem Bewusstsein zugänglich zu machen und das Denken und Handeln zu steuern. Aufmerksam Leben ist Bedingung für einen leistungsfähigen Geist.
2.Wahrnehmung: Sie kann als Fähigkeit definiert werden, Information über die Sinne aktiv aufzunehmen, zu verarbeiten und ihr Sinn zu verleihen. Dies gelingt natürlich nur, wenn unsere Sinne optimal funktionieren bzw. adäquat genutzt werden. Leider nimmt der für die menschliche Kommunikation so wichtige Hörsinn im Alter rapide ab und wird nur selten rechtzeitig durch entsprechende Hörgeräte verbessert. Doch dazu später mehr.
3. Gedächtnis bezeichnet die Fähigkeit, aufgenommene Informationen umzuwandeln, zu speichern und wieder abzurufen. Unterschieden wird es in das Ultrakurzzeitgedächtnis, das Kurzzeitgedächtnis und das Langzeitgedächtnis, welche an verschiedenen Orten im Gehirn in sehr komplexen Netzwerken lokalisiert sind. (Zitat: Nature Arbeit 2024)
4. Die Sprache: Sprache ist die Fähigkeit, Gedanken und Gefühle durch gesprochene Worte auszudrücken. Sie ist ein Instrument der Kognition, die uns ermöglicht, zu kommunizieren und Informationen über uns selbst oder die Welt zu organisieren und Dritten zu übermitteln. Die Kunst der Rede (Rhetorik) gilt seit der Antike als wichtige Disziplin, die insbesondere in den meinungsbildenden Prozessen eine Rolle spielt. Nicht zu unterschätzen ist hierbei die Stimmgebung oder Sprachmelodie (Prosodie), die eine hoch komplexe koordinative Leistung darstellt und eine wichtige Verbindung zur Musik darstellt.
5. Das Lernen: Lernen ist ein Prozess, bei dem Informationen in den Verstand aufgenommen und dabei verändert werden. Diese Informationen wiederum werden dazu verwendet, sie in unser früheres Wissen zu integrieren und es zu erweitern. Und natürlich sollte das Lernen nicht auf die Kindheit beschränkt sein. Im Alter lässt die Bereitschaft, Neues zu lernen gerne mal nach.
6. Denken und Reflektieren ist für alle kognitiven Prozesse grundlegend. Es erlaubt uns, alle Informationen, die wir erhalten, zu integrieren und Beziehungen zwischen Ereignissen und Wissen herzustellen. Dafür werden logisches Denken, Synthese und Problemlösung (exekutive Funktionen) benötigt. Der Wahlspruch der Aufklärung, „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ wird bis heute sehr oft vernachlässigt, obwohl in unserer Zeit der schier unendlichen Informationsflut, gerade dieser Fähigkeit für die Evolution des Menschen eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Im Alter bedeutet Reflektieren auch die Bereitschaft, seine eigenen Überzeugungen („das war schon immer so“) zu hinterfragen. Wer möchte schon gerne seine liebgewordenen Überzeugungen erschüttern und im Alter fällt das besonders schwer.
Eigentlich sollte es nicht schwer sein, sich die Hilfsfunktionen der Kognition zu bewahren. Aufmerksam durchs Leben gehen macht es überhaupt erst interessant und zur Aufmerksamkeit gehört, die Menschen um sich herum und die Geschehnisse in der Welt bewusst wahrzunehmen. Neugier und Interesse am Leben sind ein hohes Gut. Sie sollten kein Privileg der Jugend sein und dazu gehören die Bereitschaft, neues lernen zu wollen und alle Dinge zu reflektieren, für die es sich lohnt, zu leben.
Bei der Geburt verfügen Kinder über eine große Anzahl an Nervenzellen (Neuronen), aber die Verbindungen zwischen diesen Zellen (Synapsen) sind noch nicht vollständig ausgebildet. Durch Bewegung und die sinnlichen Erfahrungen bilden sich diese Verbindungen im Gehirn. Diese Prozesse, bekannt als Synaptogenese und Neuroplastizität, sind entscheidend für die kognitive und motorische Entwicklung.
Erst einmal nutzlos
Schon bei der Geburt sind die 100 Milliarden Nervenzellen im Gehirn angelegt. Allerdings sind sie nicht verbunden und erst einmal nutzlos für die Wahrnehmung, das Nachdenken oder die Bewegung des Neugeborenen. Aber jedes unverbundene Neuron hat von Natur aus einen Drang sich zu verbinden und der milliardenfache Drang signalisiert dem Kind „beweg dich“.
Genannt wird dieses Phänomen als „natürlicher Bewegungsdrang des Kindes“: er ist nichts anderes als das, was die Neuronen , wenn sie noch unterbunden sind, benötigen: Bewegung. Erst die Bewegung ist es, die das Kind befähigt, sportlich aktiv zu sein und geistige Leistungen zu vollbringen.
Lassen wir sie toben, klettern, raufen
Als Babys noch gänzlich unbeholfen, wollen sie es schon bald instinktiv den anderen Kindern gleichtun. Wenn man aufzählt, was sie sich in der Krabbelgruppe und später auf den Spielplätzen alles aneignen, kommt man schnell auf viele, typische Aktivitäten:
Aufstehen, Gehen, Fallen, Aufstehen, Laufen, Steigen, Rutschen, Schaukeln, Trampolin springen, Klettern, Balancieren, Radeln, Skaten, Hula Hoop, Fußball, Purzelbaum schlagen und was noch alles mehr. Alles wollen sie unbedingt können und machen es so lange, bis sie es beherrschen.
Kinder haben einen angeborenen Drang, sich zu bewegen, um ihre Umwelt zu erkunden und ihre motorischen Fähigkeiten zu entwickeln. Diese Bewegungen fördern die Synaptogenese, indem sie neue neuronale Verbindungen schaffen.
B. Die Vorsicht des geschädigten neuronalen Netzes vor komplexer Bewegung
Im Alter lässt der Bewegungsdrang bekanntlich nach und es stellt sich die Frage, gibt es neben dem Bewegungsdrang des Kindes auch einen Drang zur Vermeidung von Bewegung bei den Alten? Wenn also aus dem inneren Gehirns nicht jene Signale ausgesandt werden, die das Kind zur Aktivität antreibt, sondern solche zur Vermeidung von Bewegung.
Vorstellbar ist, dass im Alter von geschädigten neuronalen Netzen, verbunden mit dem nachlassenden Gleichgewichtssinn und schwindenden Muskeln dem Körper aufgegeben wird, Bewegung im Allgemeine und komplex zu koordinierende Bewegungen im Besonderen tunlichst zu vermeiden. Demnach wird im Alter, wenn die neuronalen Netz geschädigt sind dem Körper instinktiv gemeldet, jene Aktivitäten zu meiden, die es nicht mehr sicher auszuführen vermag.
Rein bewegungstechnisch gesehen ist das Leben nichts weiter, als eine stetige Transformation, ausgehend vom Bewegungsdrang des Kindes hin zum inneren Schweinehund im Alter.
Das Unterbewusstsein im Konflikt
Im Alter ist es jedes mal eine Überwindung, sich sportlich zu betätigen und es stellt sich die Frage, warum das eigentlich so ist. Eine Begründung auf diese Frage kann man im Unterbewusstsein finden, denn ob und wie wir uns bewegen, hängt sehr von ihm ab. Und für das Unterbewusstsein wiederum hat jede einzelne Nervenzelle einen Einfluss je nach dem in welchem Zustand sich das Neuron befindet: Wenn die Nervenzelle heil und unverbunden ist, dann signalisiert sie dem Unterbewusstsein, „beweg’ dich“, wenn sie heil und im neuronalen Netz eingebunden ist, signalisiert sie „ich wäre bereit zur Bewegung“. Wenn Nervenzelle aber durch Plaques zerstört sind, dann signalisieren sie „halt’ still“.
Im Zweifel für den Körper
Das Unterbewusstsein ist sozusagen im Konflikt zwischen dem Erhalt körperlicher und dem Erhalt geistiger Gesundheit und in der Regel entscheidet man sich im Alter für den Körper (Sturzvermeidung) und gegen den Geist. Die Folgen sind bekannt: nur wenige alte Menschen betätigen sich körperlich anspruchsvoll und die steigenden Zahlen pflegebedürftiger alter Menschen sprechen Bände.
Um geistige Gesundheit im Alter zu erhalten, bedarf es also nichts weniger als sich täglich entgegen seinem Unterbewusstsein aufzuraffen und sportlich aktiv zu werden. Für den inneren Schweinehund gilt nämlich auch umgekehrt, dass durch Bewegung die Muskeln so gestärkt werden und der Gleichgewichtssinn so erhalten bleibt, dass im Alter viele noch gerne Sport treiben. Schweinehund hin oder her.
So wie man Kinder anhalten muss, auch einmal still zu sitzen, muss man sich im Alter aufraffen, sich zu bewegen
Alles Geistige hat seinen Ursprung in der Bewegung
Im Urknall, einem spektakulären Vorgang vor 13,8 Milliarden Jahren entstand das Universum und mit ihm gleichzeitig Raum und Zeit. Völlig unspektakulär aber in einem ebenso einzigartig Vorgang hatte vor gerade mal einigen hundert Millionen Jahren gleichzeitig Bewegung und Geist ihren Ursprung. Zwei singuläre Vorgänge, in denen der eine Raum und Zeit, der andere Bewegung und Geist hervorbrachte. Und beide male entstand etwas das sich gegenseitig bedingt: ohne Raum gibt es keine Zeit und ohne Bewegung gibt es keinen Geist.
In den 13 Milliarden Jahren zwischen den beiden Ereignissen bestand der Planet nur aus Materie und Mikroorganismen. In einigen dieser Organismen existierten (bis dahin unverbunden) Muskelzellen und Nervenzellen. Durch eine Verbindung dieser ganz unterschiedlichen Zelltypen begann schließlich eine neue Ära. Die Ära des geistigen Lebens.
Gestartet wurde sie irgendwo im Ozean durch einen feinen neuronalen Impuls der eine erste minimalen Bewegung ausgelöst hat. Damit vollzog sich der Übergang von den Pflanzen zu den Tieren und das Fraunhofer Institut in München, das diesen Übergang erforscht, datiert ihn rund 700 Millionen Jahre zurück. https://www.mpg.de/12791000/schwamm-evolution
In die Welt kam das Geistige nicht als Kognitives (Gedanken und Gefühle), sondern in Form von Bewegung. Wenn Nervenzellen bei einem Muskel Bewegung auslösen, dann findet ein geistiger Prozess statt. Geistig nicht im Sinne von denken, sondern weil der Impuls aus dem neuronalen Bereich stammt, also dort wo alles Geistige stattfindet. Das Denken und Fühlen, wie wir es heute kennen, hat demnach seinen Ursprung in der Bewegung.
Die Erschaffung des geistigen Lebens
Michelangelos Fresco von der Erschaffung des Adam wird oft als Vorlage verwendet um damit anderes auszudrücken. So könnte man es auch abändern und als den Funken Gottes zur „Erschaffung des geistigen Lebens“ verwenden (Bild), als zum ersten mal in einem Mikroorganismus ein neuronaler Impuls eine Bewegung auslöste. Ein Ereignis, das hunderte von Millionen Jahren vor der „Erschaffung des Adam“ stattgefunden hat, aber ebenso von „göttlicher“ Bedeutung war.
Mit diesem Funken ereigneten sich in grauer Urzeit zwei entscheidende Begebenheiten: zum einen war es der Ursprung unseres Denkens und zum anderen konnte sich erstmals ein Lebewesen aus eigenem Antrieb bewegen. Damit verschaffte sich dieses Wesen einen wertvollen Vorteil: es konnte sich ihr Umfeld nach vorteilhaften Kriterien aussuchen.
Kann man das Thema Demenz verbunden mit Optimismus und Gelassenheit ansprechen? Man kann! Mit allgemein verständlichen Beiträgen und vielen Bildern wollen wir darstellen, dass all jene, die Demenz als eine unvermeidbare Alterskrankheit bezeichnen, Unrecht haben. „Demenz ist vermeidbar“ lautet deshalb auch der Titel dieses Internetauftritts.
Zugegeben, Alzheimer, wie die altersbedingte Form der Demenz bezeichnet wird, zu vermeiden, ist eine Herausforderung, der man sich stellen muss. Nur wenn man bereit ist, sich umfassend zu informieren und sich täglich motiviert, körperlich aktiv zu bleiben, dann ist es möglich, der gefürchteten Krankheit etwas entgegen zu setzen.
Bislang gilt Demenz weder als ursächlich behandelbar noch als heilbar. Trotzdem, der vorliegende Ratgeber will das Thema mit Zuversicht darstellen und dafür auch die notwendigen Informationen liefern. Im Alter geistig gesund bleiben ist möglich!
Ulrich Scheuerl – Dr. Peter Rieckmann
Ein Praktiker der Bewegung und ein Kenner des Gehirnshaben zusammen ausformuliert,wie man durch Bewegung geistig gesund bleiben kann,selbst wenn man seinem Gehirn im Leben einiges zugemutet hat.