2-1. Was schädigt das Gehirn

Die Folgen des sorglosen Lebens

Alkohol, Stress, Nikotin und ungesundes Essen schaden erst einmal dem Gehirn gar nicht. Aber sie wirken indirekt. Sie verursachen unterschiedlichste gesundheitliche Probleme im Blut, in den Organen oder beim Stoffwechsel. Diese führen dann, wenn sie chronisch werden, zu den Schädigungen in den neuronalen Netzen des Gehirns.

Von der Lancet Commission, der weltweit anerkannten Institution zu den Fragen um Demenzvermeidung wurden im Juli 2024 vierzehn Gründe für die Ursache der Alters-Demenz (Alzheimer) genannt:

Die Lancet -Kommission schätzt, dass 45 % der weltweiten Demenzerkrankungen auf 14 Faktoren zurückzuführen sind: mangelnde Bildung, Hörverlust, Sehverlust, Bluthochdruck, Rauchen, Fettleibigkeit, Depression, körperliche Inaktivität, Diabetes, übermäßiger Alkoholkonsum, traumatische Hirnverletzungen, Luftverschmutzung, soziale Isolation und hoher LDL-Cholesterinspiegel. (Zit. aus dem Bericht der Lancet Commission)


Im Einzelnen und was man dagegen tun kann:

Bluthochdruck etwa gilt als Risikofaktor für Demenz, weshalb man die Werte regelmäßig kontrollieren und einstellen lassen sollte.

Gleiches gilt für Cholesterin. Zu hohe Werte sind unbedingt zu vermeiden und können durch Bewegung und/oder Medikamente gesenkt werden.

Übergewicht schädigt und besonders gilt es, das sogenannte Adipositas (Fettleibigkeit) zu verhindern.

Die Blutzuckerwerte sind unbedingt zu beachten. Man sollte sie regelmäßig kontrollieren und Diabeteserkrankungen nach Möglichkeit verhindern.

Durch Herzrhythmusstörungen wird das Gehirn nicht mit ausreichend Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Sie gelten deshalb als Demenz-Risikofaktor.

Gegen Entzündungen, wie die Gürtelrose, kann man sich impfen lassen. Ansonsten können systemische Entzündungen im Körper entstehen. Sie gelten ebenso als Risikofaktor für Demenz.

Gegen Bewegungsarmut hilft Sport treiben. Erregt die Nervenzellen an und schützt sie vor Beschädigungen.

Chronischer Schlafmangel ist gefährlich. Nur im Schlaf werden die für Demenz verantwortlichen Eiweißablagerungen im Gehirn abtransportiert.

Mangelnde Bildung: natürlich kann Versäumtes in der Kindheit nicht nachgeholt werden, aber Bildung ist eine Lebensaufgabe.

Nikotin und Alkohol: Wer mit dem Rauchen aufhört und den Alkoholkonsum auf ein verträgliches Maß einschränkt, kann damit schon viel erreichen.


Einsamkeit ist ein großes Problem im Alter und gilt als Demenzbeschleuniger. Unbedingt gilt es, mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben und seine Beziehungen zu pflegen.

Um Einsamkeit zu verhindern, sollten auch so einfache Dinge, wie seine Brille und das Hörgerät einstellen zu lassen, nicht vernachlässigt werden. Nur so kann man vernünftig am sozialen Leben teilnehmen.


Depression und traumatische Hirnverletzungen: Professionelle Hilfe suchen: Der erste Schritt ist oft, einen Arzt oder Therapeuten aufzusuchen. Psychotherapie und Medikamente (Antidepressiva) sind bewährte Behandlungsmethoden


https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(24)01546-0/fulltext


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2. Gehirn: Ein Wunderwerk, das sich selbst erneuern kann


Inhalt 2. Abschnitt

In diesem Abschnitt wird dargestellt, wie durch ein sorglos geführtes Leben das Gehirn geschädigt und wie durch zielgerichtete Bewegung einzelne Bereiche wieder erneuert werden können. Im Besonderen wird erläutert, was „Neuroplastizität“ ist und wie sie ihre heilsame Wirkung zum Erhalt geistiger Gesundheit entfalten kann.


1. Was schädigt das Gehirn?

Die Folgen des sorglosen Lebens.

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2. Die drei Arbeitsweisen des Gehirns

Koordination, Kognition, Erneuerung

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3. Erneuerung aus der Apotheke?

Mit Medikamenten ist Alzheimer bis heute nicht beizukommen

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4. Erneuerung durch gesund essen?

Auch noch so gesunde Ernährung kann die gestörten Schaltkreise im Kopf nicht “reparieren”.

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5. Die Kategorien der körperlichen Bewegung

Die Einteilung der Bewegung nach ihrer Wirkung in den neuronalen Netzen

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6. Der Schlaganfall


Zerstörtes kann durch zielgerichtete Bewegung ersetzt werden

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7. Was ist Neuroplastizität

und warum Menschen im Alter das wissen müssen.

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8. Dem Gehirn durch Regelmäßigkeit eine Richtung vorgeben

Jeden Tag baut das Gehirn ziellos Verbindungen ab und jeden Tag schafft es wieder neue

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9. Wann ist Bewegung koordinativ anspruchsvoll

Heilsame Anstrengung für jedes Alter

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10. Das Hirn gibt niemals auf

Unser Gehirn hat sehr viel Geduld mit unserem liederlichen Lebenswandel.

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11. Der Körper, ein pharmazeutischer Betrieb?

Das Frühstück verwandelt er morgens in Energie und die verwandelt er tagsüber in ein Schlafmittel

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12. Geistige Fitness nur durch Bewegung?

Einwände und Gegenbeispiele

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1-3. Viele Muskeln, großer Geist?

Evolution des Geistes durch immer komplexere Bewegung

Nachdem sich mit dem Paarungstrieb zum ersten Mal in einem Lebewesen etwas kognitives ereignete, wurde in der Evolution alles möglich. Es begann die Evolution des Geistes, bei der die Muskeln der Lebewesen von Art zu Art mehr wurden und sich gleichzeitig das Leistungsvermögen deren Geistes weiter entwickelte. Anfangs war es ein Muskel, den zu steuern es keines geistigen Aufwands bedurfte. Mit jedem Evolutionsschritt kamen weitere Muskeln und Muskelgruppen hinzu und das Gehirn wurde mehr und mehr gefordert, diese zu koordinieren.

Erstaunlich intelligent

Hühner etwa haben 175 verschiedene Muskeln, die ihnen eine Vielzahl von Bewegungen ermöglichen. Entgegen landläufiger Meinung sind Hühner aber auch erstaunlich intelligente Tiere mit einer Vielzahl kognitiver Fähigkeiten.

Studien zeigen, dass Hühner in der Lage sind, Probleme zu lösen, zu lernen und sich an vergangene Ereignisse zu erinnern. Sie kommunizieren über eine Vielzahl von Lauten und Signalen, die ähnlich wie menschliche Worte funktionieren. Außerdem können sie Farben unterscheiden und haben ein gutes Gespür für Über- und Unterordnung.

Beim Menschen mit 656 Muskeln sind die Kombinationsmöglichkeiten, sich zu bewegen schier unendlich groß und durch das dafür erforderliche neuronale Netz wurde zuletzt der Schritt zu den Verstandesleistungen des Menschen möglich.

Die drei Stufen der Evolution des Geistes

Drei entscheidende Entwicklungsstufen waren es, die in der Evolution von den ersten Anfängen des Geistes bis hin zu den Verstandesleistungen des Menschen von heute führte:

1. Stufe: Mit einer ersten Bewegung kam vor 700 Mio. Jahren mit der Koordination erstmals das Geistige in die Welt. Es war nur ein kleiner Schritt, eine ganz kleine Bewegung, die jedoch die gesamte Evolution alles Geistigen einleitete.


2.Stufe: Millionen Jahre später war es der Paarungstrieb mit dem sich erstmals in Form einer Kombination von Aufmerksamkeit und Wahrnehmung die Grundprozesse der Kognition herausbildeten. In der nachfolgenden Evolution im Tierreich bildeten sich parallel zur Entwicklung der geistigen Herausforderungen für die Koordination weitere Emotionen und Gefühle (Überlebenstrieb, Jagdtrieb, Freude, Traurigkeit und über 20 weitere Gefühle) heraus und verfeinerten sich mit jeder Tierart.


Das reiche Seelenleben der Tiere



Lange Zeit wurde von den Menschen den Tieren ein eigenes Seelenleben abgesprochen. Längst wissen wir es besser und den Tieren werden heute eine Vielzahl von Gefühlen zugeschrieben. Die Entwicklung der Arten im Tierreich von einfachen zu höheren Lebewesen verlief parallel zur Entwicklung von immer komplexer zu koordinierenden Bewegungsabläufen und zunehmend reicherem und tieferem Seelenleben der Tiere.




3. Stufe: Zuletzt war es schließlich der Mensch, der den entscheidenden Schritt zum Denken, Reflektieren und zur Sprache vollzog. Durch vielfältige Bewegung bilden sich eine Vielzahl neuronale Schaltkreise und mit jedem dieser neuen Schaltkreise wurden die Möglichkeiten, Geistiges zu leisten, vielfältiger. Schließlich brachte die Evolution mit dem Menschen ein Lebewesen hervor, das sich auf zwei Beinen über weite Strecken fortbewegen konnte, seine Umwelt durch Werkzeuggebrauch der Hände gestalten lernte und mit der Möglichkeit zu kommunizieren, Wörter zu bilden, diese zu speichern und mehr oder weniger sinnvoll zu kombinieren, entscheidende Vorteile gegenüber den anderen Lebewesen im Tierreich.

Jeder Mensch hat ein anderes neuronales Netz

Unser Gehirn besteht aus ca. 80 Milliarden Nervenzellen, von denen jede einzelne Zelle mit über 10.000 weiteren Neuronen Verbindungen (sog. Synapsen) ausbilden kann. Diese unvorstellbar fein gesponnenen Netze sind kein bloßes Gewirr ohne jede Systematik. Die Netzbildung ist stets eine Folge von komplexen Wahrnehmungen der Umwelt über unsere Sinnesorgane und regelmäßig ausgeführten Bewegungsabläufen des Individuums und je nach Lebenslage des Menschen und seiner Aktivitäten sind die Schaltkreise eines jeden Menschen anders geknüpft als die seiner Mitmenschen und können sich individuell den wandelnden Bedürfnissen anpassen. Man kann also sagen, dass jeder Mensch ein anderes Netz hat, weil seine Muskeln tagtäglich ein individuelles Zusammenwirken vollführen, welches z.B. in der eigenen Mimik, Gestik, Stimmfall oder Gangbild zum Ausdruck kommt. Und dieses ganz eigene Zusammenwirken der Muskeln spiegelt sich in seinem Gehirn wieder. Jedes Gehirn ist anders und jeden Tag neu !

Kein bloßes Gewirr: Die Netze, Spiegelbild des Zusammenwirkens der Muskeln

Wenn es heißt „Interaktionen des Muskelapparates“, dann meint das nicht, dass im Hirn eines jeden Menschen die Muskeln abgebildet sind, sondern ein Abbild deren Zusammenwirkens. Wenn für einen Bewegungsablauf sehr viele Muskeln zusammenwirken, dann sorgen für deren Koordination die entsprechenden Schaltkreise im Kopf. Je vielzähliger die ausgeübten sportlichen Aktivitäten sind und je größer die Zahl der dabei beteiligten Muskeln ist, desto weiter und feiner gesponnene Netze sind im Gehirn spiegelbildlich abgebildet.


Schaltkreise gibt es im Gehirn in großer Zahl, da praktisch jede Bewegung, die regelmäßig ausgeübt wird, von einer anderen Muskelkombination ausgeführt und deshalb von einem anderen Netzwerk zu koordinieren ist. Und alle Netze für alle Arten von Bewegung zusammen genommen, ergeben zuletzt ein Großteil der Gehirnfunktionen eines Menschen. Ergebnis: Vielseitige Bewegung, soziale Interaktionen und Kommunikation schaffen viele intakte Schaltkreise und tragen zur Gesunderhaltung unseres Gehirn ganz wesentlich bei. Die Wissenschaft spricht auch von der „sensomotorischen Interaktion mit unserer Umwelt“.

Drei Beispiele für: „Spiegelbildliche Abbildung der Interaktion des Muskelapparates“

1. Lächeln


Für ein freundliches Lächeln müssen mehr als ein Dutzend Gesichtsmuskeln zusammenwirken. Bewerkstelligt wird diese Interaktion im für die Bewegung zuständigen Bereich in der Großhirnrinde (motorischen Cortex) durch ein kleines neuronales Netz von vielleicht gerade mal ein paar Millionen Nervenzellen.


2. Lächeln und Gehen

Jemandem im Vorübergehen ein freundliches Gesicht zu zeigen, bedarf schon des Zusammenwirkens von Dutzenden von Muskeln für das Gehen und für das Lächeln. Und natürlich ist auch das dafür erforderliche Netz erheblich größer, mit sicher mehr zehn mal so vielen gemeinsam agierenden Neuronen als beim Lächeln.

3. Langlauf-Skating

Wer Langlauf-Skating lernen will, benötigt dafür einen Schaltkreis, der sich über alle Areale des Gehirns erstreckt. Das erforderliche Netz muss beim Skaten beinahe alle 656 Muskeln koordinieren und besteht demnach aus vielen Milliarden von zusammenwirkenden Nervenzellen. Und diese Interaktion des gesamten Muskelapparates spiegelt sich, wenn man das Skaten schließlich kann, auch durch ein entsprechend großes Netz im Gehirn wider.


Enorme Bedeutung für das Alter

Wenn die Erkenntnis, wonach das Gehirn ein Abbild aller Muskelinteraktionen für die regelmäßig ausgeübten körperlichen Aktivitäten ist, dann hat das für die Menschen im Alter eine enorme Bedeutung. Es bedeutet nämlich im Umkehrschluss nicht weniger, als dass nachlassende Aktivitäten unmittelbare Auswirkungen im Gehirn haben: die Schaltkreise werden brüchig, sie lösen sich auf und das gesamte neuronale Netz baut sich spiegelbildlich zu den nachlassenden Muskelaktivitäten ab.


Für die geistige Vielfalt hat das in letzter Konsequenz zur Folge, dass es nicht einer sportlichen Aktivität sondern derer viele bedarf. Mit jeder ehedem ausgeübten Sportart, die im Alter aufgegeben wird, geht nämlich ein Teil des Netzes verloren und damit verliert sich auch das Potenzial für geistige Vielfalt, eine blühende Phantasie und einen großen Horizont.

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1-2. Kognition: die Herausbildung des rein Geistigen

War das Gefühl Trieb der erste kognitive Vorgang?

Zuerst hatten die Nervenzellen nur eine Funktion. Ihre Aufgabe war es, die entsprechenden Impulse auszulösen um Bewegung anzustoßen oder zu beenden. Dafür waren erst nur wenige Nervenzellen nötig, aber mit der Bildung weiterer Muskeln wurde es erforderlich, mehr und mehr dieser Zellen zu bilden. Aus heutiger Sicht war ihre Anzahl aber nur sehr bescheiden. Das änderte sich, als in den Lebewesen zur ihrer Funktion der Koordination der Bewegung noch eine weitere Funktion hinzukam: Die Kognition.

Auf welche Weise kam das Kognitive in die Welt?

Der erste Schritt zur Kognition (Gedanken und Gefühle), also zu einem rein geistigen Vorgang, war auf dem Weg zur Menschheit von großer Bedeutung. Es musste ein bereits höher entwickeltes Wesen sein, das über ein zentrales Gehirn verfügte, denn es waren keine Impulse hin zu einem Muskel, sondern (nur) ein Prozess innerhalb des Gehirns. Dieser Vorgang ereignete sich erst lange nach dem ersten Impuls zur Auslösung einer Bewegung. Dass es so lange dauerte, liegt daran, dass jene Urtierchen, die sich zuerst entwickelten, solche waren, die sich durch Zellteilung vermehren.


Zur Vermehrung durch Zellteilung braucht es keinen Geist

Mit der Entstehung der Nervenzellen war die Grundlage für das Kognitive entstanden. Bis sich aber ein solcher rein geistiger Vorgang ereignete, dauerte es sehr lange und das lag an der Art der Fortpflanzung der Urtierchen: Zellteilung (Bild).


War der Trieb der Ursprung des Kognitiven?


Dann gab es erneut eine entscheidende Wendung: weg von der asexuellen Vermehrung durch Zellteilung hin zur geschlechtlichen Vermehrung. Mit diesem Schritt bekamen die Nervenzellen neben der Koordination eine zweite Aufgabe: den Trieb. In den Lebewesen mussten erste ganz feine neuronale Impulse entstehen, für einen Vorgang, den man heute mit dem Begriff “Paarung” bezeichnet. Es war nur so eine Art Triebhaftigkeit, nicht das was Menschen heute darunter verstehen. Ein Schritt, unmerklich, aber es war in der Evolution der Start des kognitiven Geistes und somit der Ausgangspunkt höheren Lebens.

Wikipedia war dabei!

Unter dem Stichwort „Evolution der Sexualität“ wird in Wikipedia eingehend dargestellt, dass in der Evolution die Sexualität eine entscheidende Rolle für die Entstehung des kognitiven Denkens hat:

“Die Herausbildung der Sexualität ist eine der Hauptfaktoren und gleichzeitig ein Ergebnis der biologischen Evolution. Die Entstehung von unterschiedlichen Geschlechtern und Paarungstypen gilt als Ausgangspunkt für die Entwicklung höherer Lebewesen aus ursprünglich geschlechtslosen Einzellern, die sich nur asexuell (vegetativ) fortpflanzten.” (Wikipedia: Evolution der Sexualtät“)

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