2-2. Wie tickt das Gehirn

Koordination, Kognition und Erneuerung

Zumeist wird das Gehirn in Regionen, denen unterschiedliche Funktionen zugeordnet werden, eingeteilt. Für die Fragen nach geistiger Gesundheit im Alter und zur Vorbeugung von Alzheimer ist eine Einteilung in seine Arbeitsweisen hilfreich. Und Arbeitsweisen kennt das Gehirn genau drei: Koordination, Kognition (die Arbeitsweisen des Tages) und Erneuerung (die Arbeitsweise der Nacht).

1. Koordination: was ich körperlich zu leisten vermag


Die Arbeitsweise Koordination ist jene, für die das Gehirn aller Lebewesen entstanden ist. Sie ermöglicht ihm, die unzähligen Muskeln so zu koordinieren, dass sich der Körper in der gewünschten Weise bewegt. Dazu braucht es die Netze innerhalb des Gehirns selbst und die Verbindungen hinaus zu allen Muskeln. Koordination ist also ein Produkt des gesamten neuronalen Netzwerks. Und je nach Koordinations-vermögen ergibt sich, was man körperlich zu leisten vermag. (KogniFit research: Koordination)

Definition

Unter Bewegungskoordination verstehen die Bewegungs- und die Trainingswissenschaft den Prozess und das Ergebnis des Zusammenwirkens verschiedener Wahrnehmungs-, Steuerungs-, Regelungs- und Motorik-Elemente zu einem geordneten, zielgerichteten Bewegungsablauf. Koordinierte Bewegungen sind gleichzeitig oder in geordneter Folge auftretende Muskelaktionen. Im Unterschied zu den rein geistigen Fähigkeiten stellt die Bewegungskoordination eine Fertigkeit dar, die als sichtbares Resultat (Bild s.o.) aus den zugrundeliegenden Fähigkeiten erwachsen kann, aber nicht muss. (Zit. Wikipedia: Bewegungskoordination: https://de.wikipedia.org/wiki/Bewegungskoordination)


2. Kognition: was ich geistig zu leisten vermag

Die Arbeitsweise Kognition ist die zweite, in der Evolution viel später entstandene Funktion des Gehirns. Sie hat sich entwickelt, um den Bereich des Geistigen, also der kognitiven Fähigkeiten, auszuführen. Dafür bedarf es „nur“ des Austausches zwischen den verschiedenen Gehirnarealen. Das ganze findet also im Kopf statt und je nach dem, wie weiträumig, fein und stabil gesponnen die Verbindungen sind, ergibt sich in der Summe, was ich geistig zu leisten vermag.

Definition

Die Bezeichnung Kognition ist abgeleitet von lateinisch cognoscere (,erkennen‘ oder ‚erfahren‘) bzw. lateinisch cognitio (‚Erkennen‘) und über das Englische in die deutsche Sprache gelangt. Sehr allgemein kann man Kognition als geistige Aktivität oder Denken verstehen, wobei diese Denkprozesse nicht bewusst ablaufen und nicht rational sein müssen. Viele derzeit übliche Definitionen setzen Kognition mit Informationsverarbeitung gleich.“ (Wikipedia: Kognition: https://de.wikipedia.org/wiki/Kognition)


3. Erneuerung: wie das Gehirn sich funktionsfähig erhält

Während Koordination und Kognition die Arbeitsweisen des Tages sind, findet in der Nacht, völlig unbemerkt, Erneuerung statt. Sie ist für das Gehirn von existenzieller Bedeutung. All das, was vom Gehirn an koordinativ fordernden Aktivitäten tagsüber regelmäßig abverlangt wird, wird so verarbeitet, dass die Netze den zukünftigen körperlichen Anforderungen gerecht werden können.

Näheres zur Arbeitsweise „Erneuerung“ wird im Beitrag „Was ist Neuroplastizität“ dargestellt. Zunächst werden nur Koordination und Kognition gegenüber gestellt.

Besondere Bedeutung

Die Unterscheidung der Funktionen Koordination und Kognition ist zur Lösung der Frage nach einer wirksamen Vorbeugung von Alzheimer von besonderer Bedeutung. Mit ihr wird deutlich, geistige Gesundheit im Alter beginnt bei der Bewegung. Nur die Koordination der Bewegung durch das Gehirn schafft und erneuert Tag für Tag die neuronalen Verbindungsnetze und liefert so die Basis für die Kognition, die diese Netze nutzt und stabilisiert, aber keine neuen Verbindungen schaffen und keine geschädigten erneuern kann.


Wagen wir die Feststellung: Der Mensch besitzt einen Reparaturbetrieb für das Gehirn! Mehr noch, das Gehirn ist ein Reparaturbetrieb, vergleichbar mit einem Auto, das sich nach jeder Fahrt, wenn nötig, selbst wartet, innen und außen reinigt und jeden Morgen wieder wie neu in der Garage steht.


Täglich, besonders im Alter, werden Hirnzellen, Synapsen und Verbindungen zerstört. Aber egal. Der Abbau findet ganz langsam statt, jeden Tag gehen immer nur ganz punktuell einzelne Nervenzellen kaputt. Aber das Gehirn hat viele Milliarden davon und im Laufe des Lebens wird nur ein Teil genutzt. Was ungenutzt ist, steht zur Bildung neuer Verbindungen zur Verfügung.

Keine Krankheit

Entscheidend ist, Alzheimer sollte, nicht als Krankheit, sondern als das Ergebnis des langen und kontinuierlichen Abbauprozesses des Körpers gedacht werden. Einer neigt mehr dazu, ein anderer weniger, ganz aufhalten kann diesen Prozess aber niemand. Der Abbauprozess, und das ist bei der Demenz so heimtückisch, erfolgt schleichend über viele Jahre.

Aber, und das ist die gute Nachricht, die Folgen der gestern zerstörten Nervenzellen kann das Gehirn, wenn es die entsprechenden Impulse bekommt, wieder beheben. Es kann für jede zerstörte Verbindung einen “Minibypass” in den bisher ungenutzten Nachbarregionen bauen und so den neuronalen Schaltkreis für die Koordination der Bewegung und die kognitiven geistigen Aktivitäten intakt erhalten.

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