2-6. Bei der Schlaganfallbehandlung zeigt es sich:

Zerstörtes kann durch Bewegung ersetzt werden


Schadhafte Bereiche im Gehirn zu therapieren und die Patienten wieder in die Lage zu versetzen, ihr gewohntes Leben wie vor dem Schlaganfall zu führen ist tägliche Praxis in den Reha-Einrichtungen. Jährlich erleiden rund 270 000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall in Form eines Hirninfarkts oder einer Hirnblutung. In beiden Fällen ist die Folge, dass bestimmte Hirnareale nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt werden. Ganze Bereiche von Nervenzellen und Verbindungen sterben ab und können weder geheilt noch reaktiviert werden, wenn nicht innerhalb der ersten Stunden nach Auftreten der Symptome eine entsprechende Behandlung durchgeführt wird, die in Krankenhäusern mit spezialisierter Schlaganfallstation zur Verfügung steht. Da der Schlaganfall – anders als der Herzinfarkt – in der Regel keine Schmerzen verursacht, kommen viele Menschen zu spät in die Klinik. Als Folge z.B. eines kompletten Schlaganfalls, der eine größere Hirnregion betrifft, sind dann über 2 Milliarden Nervenzellen, 8,5 Billionen Synapsen und ca. 7200 km Nervenfasern zugrunde gegangen, was einer Alterung des Gehirns von über 25 Jahren entspricht (JL Saver; Stroke. 2006 Jan;37(1):263-6.).

Gehen lernen nach dem Schlaganfall – anstrengend, aber möglich

Wenn die geschädigten Bereiche und die unzähligen zerstörten Verbindungen nicht mehr zur Verfügung stehen und so einfaches wie Gehen unmöglich geworden ist, dann gibt es nur eines: die ausgefallenen Funktionen müssen von anderen Hirnarealen und neu arrangierten Netzwerken übernommen werden. Die Grundlage dafür ist also die Bildung neuer Nervenverbindungen über auswachsende Fortsätze und Synapsen in den gesunden Hirnarealen. Dieser Prozess benötigt Trainingsfleiß, viel Zeit und verläuft erst einmal “chaotisch”. Durch die täglichen Übungseinheiten bilden sich viele neue Verknüpfungen, die aber wieder verkümmern, wenn sie nicht ständig erneut aktiviert werden.


Idealerweise wird durch ständiges Training der gestörten Funktionen erreicht, dass die “sinnvollen” Verbindungen aktiviert und stabilisiert werden.
Idealerweise wird durch ständiges Training der gestörten Funktionen erreicht, dass die “sinnvollen” Verbindungen aktiviert und stabilisiert werden.



Da das Gehirn genügend gesunde Nervenzellen hat und ein Leben lang lernfähig bleibt, können die Betroffenen zumindest einen Teil der Verluste ausgleichen. Nur ein Drittel der Patienten erholt sich vollständig. Bei anderen bleiben entweder weitreichende Behinderungen oder sie sterben in der Folge des Schlaganfalls. Aber, und das ist die positive Nachricht, anders als früher kann vielen geholfen werden und heute kennen die speziell ausgebildeten Therapeuten die Methoden dafür. Dabei nutzen sie die seit einigen Jahren bekannten Erkenntnisse über die „Neuroplastizität“.

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