5-23. Erneuerung bei demenzbedingter Pflegebedürftigkeit

Erst wenn es gar nicht mehr geht und zuletzt auch die Angehörigen überfordert sind, kommt man, wie es heißt, “ins Heim”. Nichts fürchtet man im Alter mehr, als diesen Schritt gehen zu müssen. Er gilt als endgültig, unumkehrbar und wird zurecht als entwürdigend empfunden. Wenn sich an dieser Situation etwas ändern soll, dann müssten sich die Pflegeheime von heute anders darstellen: weniger als Betreuungseinrichtungen, sondern als Kliniken zur Behandlung, um anschließend wieder ins Leben zurückkehren zu können. Allerdings, die Krankheit Demenz gilt bis heute als nicht heilbar, allenfalls der Verlauf ließe sich, so die Fachleute, beeinflussen.

Die Frage, ob Demenz heilbar ist, wagt man gar nicht offen zu stellen. Das Risiko ist groß, darauf nur Spott zu ernten und das Bundesgesundheitsministerium stellt kurz und bündig fest, “wir können Demenz bislang noch nicht ursächlich behandeln oder heilen”. Und alle, die demenzbedingt Pflegebedürftige betreuen (Angehörige, Pfleger in Einrichtungen), versuchen nicht einmal ansatzweise, die Krankheit zu heilen.

Allerdings, ein geschädigtes Gehirn zu erneuern, das weiß man aus der Behandlung von Menschen, die einen Schlaganfall erlitten haben, ist möglich. Es ist schwierig, langwierig und gelingt durchaus nicht bei allen Betroffenen. Aber immerhin, Heilung ist möglich und es stellt sich die Frage, ob sie auch bei Demenz gelingen kann.


Pflege oder Therapie

Altenpflegeheime sollten erst einmal nicht so genannt werden, sondern “Klinik zur Demenzbehandlung ” und dort sollte es zwei unterschiedliche Abteilung geben. Zum einen eine Abteilung für jene Patienten, die sich vorübergehend einer Therapie unterziehen wollen und zum anderen eine, in der man dauerhaft untergebracht und nur gepflegt wird.


Dass erstere Abteilung für die Patienten dann in keiner Weise einem Altenpflegeheim gleicht, versteht sich. Schon das Personal müsste entsprechend geschult sein und eine Ausstattung mit solchen Therapiegeräten haben, die den Patienten koordinativ anspruchsvolle Bewegung abverlangen. Und die Patienten selbst müssen sich darauf einstellen, Aktivitäten auszuüben, die ihr Gehirn gehörig fordern: Balanceübungen, Tanzen, Tischtennis, Wassergymnastik und vieles mehr. Vor allen Dingen aber sollten sie motiviert sein täglich koordinativ anspruchsvolle Therapieeinheiten auszuüben bzw. diese nach ihrer Entlassung zu Hause weiter zu betreiben.

Wie bei Demenz regelmäßige Bewegung zur Verbesserung kognitiver Leistungsfähigkeiten führt, ist in einer Broschüre der Alzheimer Gesellschaft Rüsselsheim nachzulesen:
https://www.alzheimer-ruesselsheim.de/files/34/trainingsbroschuere-move-313265-neu-1.pdf

Pflegende Angehörige überfordert

Im Ratgeber Demenz des Gesundheitsministeriums (BGM) heißt es in der Broschüre für pflegende Angehörige: “Für die Mehrzahl der Demenzerkrankungen gibt es derzeit noch keine Therapie, die zur Heilung führt. Deshalb liegt das Hauptziel der Behandlung darin, die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbessern.” Lediglich Informationen, welche Arzneimittel bei der Betreuung das Fortschreiten der Symptome verzögern können, kann das BGM in ihrer Broschüre liefern, muss aber auch eingestehen, den “im Gehirn stattfindenden eigentlichen Krankheitsprozess können die Arzneimittel aber nicht verzögern oder stoppen”

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Pflege/Broschueren/BMG_Ratgeber_Demenz_2021.pdf

Pflegeheime bieten allenfalls gute Betreuung

Auch wenn man es schon geahnt hat, wenn man vom Arzt die Diagnose Demenz vernehmen muss, verändert sich das Leben und zeichnet eine Zukunft, wie sie düsterer nicht sein kann. Wenn man in einer solchen Situation aber weiß, dass es Kliniken gibt, die Demenzpatienten wieder gesund machen, oder ihre Lage wenigstens stabilisieren können, würde das die Diagnose in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Die Aussicht auf Heilung in einer speziell dafür eingerichteten Klinik mit eigens dafür ausgebildeten Therapeuten würde wohl jeden, der ein solches Angebot bekommt, so motivieren, auch seinen, wenn auch anstrengenden Teil beizutragen.


Ausgebildetes Personal für ein umfangreiches Programm

Schon die Personalausstattung in den Altenpflege-heimen lässt aber bis heute zu wünschen übrig, ganz zu schweigen, dass es genügend ausgebildetes Personal geben würde, um mit den Patienten ein umfangreiches Programm zur Erneuerung der geschädigten neuronalen Netze durchführen zu können. “Demenzkliniken”müssten sich also ähnlich den Rehakliniken für Schlaganfälle aufstellen.


Mit Modellprojekten zu neuen Gesundheitsstrukturen?

Ob sich ein flächendeckendes Netz solcher Kliniken in den bestehenden Strukturen verwirklichen lässt, und zum Beispiel die Altenpflegeheime “nur” dafür umgewandelt werden müssen, ist fraglich. Wie auch immer, ob neue Kliniken entstehen müssen oder an bestehende Einrichtungen (zum Beispiel Krankenhäuser) angegliedert werden können, der Bedarf ist gegeben. Auch dass es teuer ist und das Gesundheitswesen erst einmal belastet, steht fest. Langfristig wäre jedoch allen geholfen, den Patienten, den Angehörigen und vor allem der Gesellschaft.

Mit Modellprojekten sollte ein Anfang gemacht werden. In den Regierungsbezirken der einzelnen Bundesländer sollten Kliniken starten, mit entsprechendem Personal in geeigneten Therapieräumen Demenzpatienten zu behandeln und deren Angehörige für die Zeit nach der Entlassung zu schulen. Mit den Erfahrungen dieser Modelleinrichtungen könnte dann bundesweit ein Netz geschaffen werden, wie es den Rehaeinrichtungen für Schlaganfälle entspricht und heute im Gesundheitswesen nicht mehr wegzudenken sind.

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