Evolution des Geistes durch immer komplexere Bewegung
Nachdem sich mit dem Paarungstrieb zum ersten Mal in einem Lebewesen etwas kognitives ereignete, wurde in der Evolution alles möglich. Es begann die Evolution des Geistes, bei der die Muskeln des Körpers immer mehr wurden und gleichzeitig sich das Leistungsvermögen des Gehirns steigerte. Anfangs war es ein Muskel, den zu steuern es keines geistigen Aufwands bedurfte. Mit jedem Evolutionsschritt kamen weitere Muskeln und Muskelgruppen hinzu und das Gehirn wurde mehr und mehr gefordert, diese zu koordinieren. Beim Menschen mit 656 Muskeln sind die Kombinationsmöglichkeiten schier unendlich groß und so wurde zuletzt der Schritt zu den Verstandesleistungen des Menschen möglich.
Die drei Stufen der Evolution des Geistes
Drei entscheidende Entwicklungsstufen waren es, die in der Evolution von den ersten Anfängen des Geistes bis hin zu den Verstandesleistungen des Menschen von heute führte:
1. Stufe: Mit einer ersten Bewegung kam vor 700 Mio. Jahren mit der Koordination erstmals das Geistige in die Welt. Es war nur ein kleiner Schritt, eine ganz kleine Bewegung, die jedoch die gesamte Evolution alles Geistigen einleitete.
2.Stufe: Millionen Jahre später war es der Paarungstrieb mit dem sich erstmals in Form einer Kombination von Aufmerksamkeit und Wahrnehmung die Grundprozesse der Kognition herausbildeten. In der nachfolgenden Evolution im Tierreich bildeten sich parallel zur Entwicklung der geistigen Herausforderungen für die Koordination weitere Emotionen und Gefühle (Überlebenstrieb, Jagdtrieb, Freude, Traurigkeit und über 20 weitere Gefühle) heraus und verfeinerten sich mit jeder Tierart.

Das reiche Seelenleben der Tiere
Lange Zeit wurde von den Menschen den Tieren ein eigenes Seelenleben abgesprochen. Längst wissen wir es besser und den Tieren werden heute eine Vielzahl von Gefühlen zugeschrieben. Die Entwicklung der Arten im Tierreich von einfachen zu höheren Lebewesen verlief parallel zur Entwicklung von immer komplexer zu koordinierenden Bewegungsabläufen und zunehmend reicherem und tieferem Seelenleben der Tiere.
3. Stufe: Zuletzt war es schließlich der Mensch, der den entscheidenden Schritt zum Denken, Reflektieren und zur Sprache vollzog. Durch vielfältige Bewegung bilden sich eine Vielzahl neuronale Schaltkreise und mit jedem dieser neuen Schaltkreise wurden die Möglichkeiten, Geistiges zu leisten, vielfältiger. Schließlich brachte die Evolution mit dem Menschen ein Lebewesen hervor, das sich auf zwei Beinen über weite Strecken fortbewegen konnte, seine Umwelt durch Werkzeuggebrauch der Hände gestalten lernte und mit der Möglichkeit zu kommunizieren, Wörter zu bilden, diese zu speichern und mehr oder weniger sinnvoll zu kombinieren, entscheidende Vorteile gegenüber den anderen Lebewesen im Tierreich.
Jeder Mensch hat ein anderes neuronales Netz
Unser Gehirn besteht aus ca. 80 Milliarden Nervenzellen, von denen jede einzelne Zelle mit über 10.000 weiteren Neuronen Verbindungen (sog. Synapsen) ausbilden kann. Diese unvorstellbar fein gesponnenen Netze sind kein bloßes Gewirr ohne jede Systematik. Die Netzbildung ist stets eine Folge von komplexen Wahrnehmungen der Umwelt über unsere Sinnesorgane und regelmäßig ausgeführten Bewegungsabläufen des Individuums und je nach Lebenslage des Menschen und seiner Aktivitäten sind die Schaltkreise eines jeden Menschen anders geknüpft als die seiner Mitmenschen und können sich individuell den wandelnden Bedürfnissen anpassen. Man kann also sagen, dass jeder Mensch ein anderes Netz hat, weil seine Muskeln tagtäglich ein individuelles Zusammenwirken vollführen, welches z.B. in der eigenen Mimik, Gestik, Stimmfall oder Gangbild zum Ausdruck kommt. Und dieses ganz eigene Zusammenwirken der Muskeln spiegelt sich in seinem Gehirn wieder. Jedes Gehirn ist anders und jeden Tag neu !
Kein bloßes Gewirr: Die Netze, Spiegelbild des Zusammenwirkens der Muskeln
Wenn es heißt „Interaktionen des Muskelapparates“, dann meint das nicht, dass im Hirn eines jeden Menschen die Muskeln abgebildet sind, sondern ein Abbild deren Zusammenwirkens. Wenn für einen Bewegungsablauf sehr viele Muskeln zusammenwirken, dann sorgen für deren Koordination die entsprechenden Schaltkreise im Kopf. Je vielzähliger die ausgeübten sportlichen Aktivitäten sind und je größer die Zahl der dabei beteiligten Muskeln ist, desto weiter und feiner gesponnene Netze sind im Gehirn spiegelbildlich abgebildet.
Schaltkreise gibt es im Gehirn in großer Zahl, da praktisch jede Bewegung, die regelmäßig ausgeübt wird, von einer anderen Muskelkombination ausgeführt und deshalb von einem anderen Netzwerk zu koordinieren ist. Und alle Netze für alle Arten von Bewegung zusammen genommen, ergeben zuletzt ein Großteil der Gehirnfunktionen eines Menschen. Ergebnis: Vielseitige Bewegung, soziale Interaktionen und Kommunikation schaffen viele intakte Schaltkreise und tragen zur Gesunderhaltung unseres Gehirn ganz wesentlich bei. Die Wissenschaft spricht auch von der „sensomotorischen Interaktion mit unserer Umwelt“.
Drei Beispiele für: „Spiegelbildliche Abbildung der Interaktion des Muskelapparates“

1. Lächeln
Für ein freundliches Lächeln müssen mehr als ein Dutzend Gesichtsmuskeln zusammenwirken. Bewerkstelligt wird diese Interaktion im für die Bewegung zuständigen Bereich in der Großhirnrinde (motorischen Cortex) durch ein kleines neuronales Netz von vielleicht gerade mal ein paar Millionen Nervenzellen.
2. Lächeln und Gehen
Jemandem im Vorübergehen ein freundliches Gesicht zu zeigen, bedarf schon des Zusammenwirkens von Dutzenden von Muskeln für das Gehen und für das Lächeln. Und natürlich ist auch das dafür erforderliche Netz erheblich größer, mit sicher mehr zehn mal so vielen gemeinsam agierenden Neuronen.
3. Langlauf-Skating
Wer Langlauf-Skating lernen will, benötigt dafür einen Schaltkreis, der sich über alle Areale des Gehirns erstreckt. Das erforderliche Netz muss beim Skaten beinahe alle 656 Muskeln koordinieren und besteht demnach aus vielen Milliarden von zusammenwirkenden Nervenzellen. Und diese Interaktion des gesamten Muskelapparates spiegelt sich, wenn man das Skaten schließlich kann, auch durch ein entsprechend großes Netz im Gehirn wider.
Tiere: Mehr Muskeln aber weniger Interaktionen
Der Mensch ist im Übrigen nicht das Lebewesen mit den meisten Muskeln. Elefanten zum Beispiel. Sie haben allein im Rüssel 40.000 Muskeln. Warum ist der Mensch dann den Elefanten trotzdem geistig überlegen? Die Antwort könnte sein, dass Elefanten zwar mehr Muskeln haben, aber mit diesen führen sie bei weitem weniger Interaktionen aus (wie bescheiden sind doch im Zirkus die Elefantenvorführungen zu denen der Akrobaten). Und weil Elefanten sich lange nicht so vielseitig bewegen, haben sie keine so ausgeprägten neuronalen Netze und dementsprechend keine solchen geistigen Möglichkeiten wie der Mensch .

Enorme Bedeutung für das Alter
Wenn die Erkenntnis, wonach das Gehirn ein Abbild aller Muskelinteraktionen für die regelmäßig ausgeübten körperlichen Aktivitäten ist, dann hat das für die Menschen im Alter eine enorme Bedeutung. Es bedeutet nämlich im Umkehrschluss nicht weniger, als dass nachlassende Aktivitäten unmittelbare Auswirkungen im Gehirn haben: die Schaltkreise werden brüchig, sie lösen sich auf und das gesamte neuronale Netz baut sich spiegelbildlich zu den nachlassenden Muskelaktivitäten ab.
Für die geistige Vielfalt hat das in letzter Konsequenz zur Folge, dass es nicht einer sportlichen Aktivität sondern derer viele bedarf. Mit jeder ehedem ausgeübten Sportart, die im Alter aufgegeben wird, geht nämlich ein Teil des Netzes verloren und damit verliert sich auch das Potenzial für geistige Vielfalt, eine blühende Phantasie und einen großen Horizont.