Trennung von Leib und Seele
Engültig gekippt hat die ganzheitlichen Denkweise des Hippokrates schließlich Platon, der große Philosoph der Antike. Er wollte, ganz in der Tradition der Orphiker, von der Einheit des Körpers und der Seele nichts wissen und gilt seither als der Philosoph des Dualismus. Durch seine Trennung von Leib und Seele wurde er für den Apostel Paulus und die frühen Kirchenväter zum Vordenker. Besonders für das Christentums waren seine Ideen wegweisend.
Sokrates’ Tod war für Platon nur zu ertragen, wenn dessen Seele nach dem Ableben sich als unsterblicher Teil vom Körper scheidet und unabhängig fortlebt. In seiner Lehre für die Unsterblichkeit der Seele wird der Dualismus philosophisch geadelt. Und weil eine göttliche Seele natürlich auch moralisch gut sein muss, hat Platon mit seiner Philosophie gleich eine Begründung für eine asketische Moral und eine von Gott gegebene Lebensweise mitgeliefert.
(Wikipedia: Phaidros)

Die göttliche Seele
Solange die Seele mit dem Körper auf Erden verbunden ist, so Platon, greifen die körperlichen Übel auf sie über und so kann die Sehnsucht des Menschen nach endgültiger Wahrheit nicht befriedigt werden. In der „Schule von Athen“ (Bild) werden jene philosophischen Fragen, wie das Leib-Seele-Problem diskutiert und für die Nachwelt formuliert.
Basis für 2000 Jahre christliches Abendland
Wenn „reine Erkenntnis“ wegen dieser unheilvollen Verbindung von Leib und Seele nicht möglich ist, dann können wir nur eines von beidem: entweder wir gelangen als Mensch niemals zum Verständnis oder mit Hilfe einer unsterblichen Seele. Und Platon entschied sich dafür, dass es eine unsterbliche Seele geben sollte und lieferte dafür in seinem berühmten Werk „Phaidros“ eine ausführliche philosophische Begründung: was Wissen, was Gerechtigkeit, was das Schöne und Gute ist, was Größe, Gesundheit, Stärke und mit einem Wort, was das Wesentliche von allen irdischen Dingen ist, kann nur durch ein Sich-Erinnern erlangt werden.
Daher müsse die Seele vor der Geburt existiert und dabei auch die Götter jenseits des Irdischen geschaut haben. Wie man sich dieses jenseitige Schauen vorstellen könnte, beschreibt Platon so: „die geflügelte Seele lenkt ihren Seelenwagen durch das Himmelsgewölbe“ und „sofern die Seele nicht abstürzt oder anderweitig scheitert, kann sie einen „überhimmlischen Ort“ erreichen, wo sie die „platonischen Ideen“ wahrnimmt, darunter die Idee des Schönen, das heißt das Urbild alles Schönen.
So einfach! Die Unsterblichkeit der Seele nahm damit jedenfalls ihren Lauf. Der Monismus hat sich in der antiken Geistesgeschichte also nicht durchgesetzt. Der Dualismus entwickelte sich zur herrschenden Strömung des abendländischen Denkens. Dass Platon damit die philosophische Basis des christlichen Abendlandes und aller späteren Religionen des Eingott-glaubens geschaffen hat, konnte er nicht ahnen.
1Platons Unsterblichkeitslehre im Dialog des Phaidros ist entnommen aus: Betrand Russel: Philosophie des Abendlandes.