Fitness für die Stammstrecke im Kopf
Über einen Balken mit etwa 300 Millionen winzigen Nervenleitungen sind die beiden Gehirnhälften miteinander verbunden. Koordiniert wird die rechte Hand von der linken Gehirnhälfte und die linke Hand von der rechten. Und immer wenn beide Hände, wie beim Klavierspielen, Stricken oder Jonglieren in schneller Abfolge Unterschiedliches meistern, dann sind Millionen dieser Leitungen in Aktion. Versteht sich, dass täglich fleißig auf seinem Instrument zu spielen oder zu jonglieren für die geistige Fitness bestens geeignet ist und jeder kann mitmachen: jung oder alt, körperlich fit oder eingeschränkt in der Beweglichkeit.

Stammstrecke im Kopf
Mehrere hundert Millionen winzige Fäden(im Bild gelb und rot), haben die Aufgabe, die weit auseinander liegenden 100 Mrd. Nervenzellen (grau) optimal zu verbinden. Fäden, die sozusagen die Stammstrecken für die neuronalen Impulse bilden, damit das gesamte Potenzial im Kopf zur Geltung kommen kann.
Wenn für einen weitreichenden Gedankengang oder einen schnellen komplexen Bewegungsablauf weit auseinanderliegende Hirnareale zusammen gespannt werden müssen, dann braucht es diese Stammstrecken, damit die Impulse nicht unnötig kreuz und quer feuern und zuletzt verloren gehen.
Trainiert werden können die vielen Millionen Nervenfasern zwischen den Gehirnhälften durch Übungen, bei denen gleichzeitig die Finger der rechten Hand und die Finger der linken Hand unterschiedliches in schneller Abfolge ausführen müssen. Einige der möglichen Übungen werden im 6. Abschnitt dargestellt.
Wie wirkt Jonglieren im Gehirn
Durch die sanften Bewegungen beim Werfen und Fangen werden Körper und Hirn gut durchblutet. Das Gehirn bekommt auf diese Weise Sauerstoff und beide Gehirnhälften müssen zusammenarbeiten. Das fördert die Wahrnehmung und beim Jonglieren wird die Region für die Orientierung ganz besonders aktiviert. Gleichzeitig wird ein Protein (BDNF) gebildet, das für das Wachstum neuer Gehirnzellen sorgt. Forscher der Uni Regensburg fanden in einer Studie im Jahr 2004 heraus, dass das Gehirnvolumen der Probanden nach regelmäßigem Jonglieren zunahm.
Wenn im Alter viele der Nervenleitungen zwischen den einzelnen Hirnregionen in ihrer Funktion beeinträchtigt sind und sie durch mangelnden Gebrauch nicht mehr regelmäßig aktiviert werden, dann sind die Folgen absehbar: selbst wenn jede Gehirnhälften und die verschiedenen Areale für sich noch leistungsfähig sind, nimmt insgesamt die geistige Leistungsfähigkeit ab, weil erst die Zusammenarbeit aller Gehirnregionen den Horizont erweitert und die Phantasie blühen lässt.
Beispiel für die Bedeutung der Stammstrecken
Wie wichtig diese neuronalen Nervenfasern zwischen den weit auseinanderliegenden Regionen im Gehirn sind, wird deutlich, wenn zum Beispiel das Sehzentrum im Hinterkopf nur noch schlecht mit dem Frontallappen im vorderen Teil des Gehirns verbunden ist. Dort vorne ist der Sitz unserer Persönlichkeit, dort entsteht unser Sozialverhalten und dort ist unser gesamtes persönliches Umfeld gespeichert. Die Folge ist, im Sehzentrum nimmt man zwar seine Verwandten und Bekannten wahr, aber wer ist wer und wie ist meine Beziehung zu diesen, bleibt unterbelichtet.