5-2. Handlungsbedarf für die graue Masse?

Früherkennung durch den Flamingotest

Alzheimerkrank wird man in drei Stufen, die fließend ineinander übergehen. Einem jahrzehntelang ungesund geführten Leben folgt die Vorstufe Demenz, die sich über Jahre erstreckt und schließlich in die unwiderrufliche Krankheit übergeht.

Der ersten Stufe wird volle Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Leben lang wird man von den Medizinern und den Medien darauf hingewiesen, nur ja gesund zu leben. Dass man sich gesund ernähren, viel bewegen und Stress vermeiden soll, weil ansonsten neben den körperlichen Beschwerden im Alter obendrein die Gefahr von Alzheimer droht.

In der dritten Stufe, wenn die Menschen demenzbedingt betreuungsbedürftig werden, kommt den Betroffenen, den pflegenden Angehörigen und den Pflegekräften in den Heimen viel Aufmerksamkeit zu. Unterstützungsangebote in Form von Informationen, Leistungen je nach Pflegegrad und nicht zuletzt gibt es staatliche und private Pflegeheime . Und die Politik sorgt sich um die Finanzierbarkeit der Pflege, die ständig schwieriger zu bewältigen ist.

In der zweiten Stufe, also der Vorstufe der Demenz, fühlen sich dagegen Millionen Menschen allein gelassen. Die ersten Anzeichen schleichen sich unbemerkt ein: Vergesslichkeit, Schwindel, nachlassende Beweglichkeit – alles Dinge, die man leicht als „normale“ Alterserscheinungen abtut. Doch wer die Warnsignale ignoriert oder sich mit pauschalen Ratschlägen wie „gesund leben“ und „mehr bewegen“ abspeisen lässt, verpasst vielleicht die letzte Chance, den Weg in die Demenz zu vermeiden. Dabei gibt es einen Weg zurück – einen beschwerlichen, aber lohnenden. Er führt nicht über Medikamente, sondern über gezielte, koordinativ anspruchsvolle Aktivitäten, die das Gehirn neu formen können. Diese Ausarbeitung zeigt, warum herkömmliche Empfehlungen wie Ausdauertraining oft zu kurz greifen und wie Betroffene durch vielseitige Bewegung ihre geistige Fitness zurückgewinnen können.

Demenzfrüherkennung freiwillig und kostenlos

Zuerst steht an, sich über seine Lage Gewissheit zu verschaffen und im Gesundheitswesen sollte es eigentlich für jeden ab sechzig eine Vorsorgeuntersuchung für Demenz, ähnlich der bei Krebs, geben. Immerhin, selbst wenn erste Anzeichen von Demenz diagnostiziert werden, dann weiß man wenigstens, jetzt gilt es dagegen zu halten.

Bei Alzheimer und Demenz ist die Früherkennung sehr wichtig, weil die Behandlung dann viel mehr Aussicht auf Erfolg verspricht. Die Tests und Untersuchungen messen sehr zuverlässig, wie gut das Denkvermögen einer Person ist. Wenn aber dessen Leistungsfähigkeit in diesen Tests Defizite aufweist (MCI), kann das ein Hinweis auf eine beginnende Demenz sein und entgegen landläufiger Meinung kann der Einzelne mit Hilfe von erfahrenen Therapeuten noch lange geistig gesund bleiben. Zur Diagnose seniler Plaques stehen vier Verfahren zur Verfügung:

Der Flamingotest gesunden Alterns

Eine Möglichkeit, sich selber einzuschätzen ist der Flamingotest. Wer stehen kann wie ein Flamingo, altert gesund. So jedenfalls die Botschaft der Mayo-Klinik in Rochester, die in einer Arbeitsgruppe Menschen im Alter von 50 Jahren und älter untersucht haben. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die Fähigkeit, auf einem Bein stehen zu können, sehr viel über den Zustand des alternden Menschen aussagt: „die Dauer, über die eine Person die Balance auf einem Bein zu halten vermag, stellt sich als die verlässlichste Determinante des Alterns heraus“. Link zur Studie: https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0310764

Der Einbeinstand hat sich im Vergleich zu anderen Tests, wie dem Zustand der Muskeln oder dem Gangbild alternder Menschen am aussagekräftigsten erwiesen. Das Gangbild verschlechtert sich im Vergleich am Schnellsten, hatte aber die geringste Aussagekraft. Beim Zustand der Muskeln zeigte sich, dass diese zwar mit dem Alter nur langsam nachlassen, aber auch daraus kein Hinweis auf ein Nachlassen körperlicher und geistiger Fähigkeiten abzuleiten ist.

Maß für Gebrechlichkeit

Besonders deutlich fiel dagegen der Unterschied beim Stehen auf einem Bein aus. Hier nimmt die Fähigkeit im Alter genauso ab, aber der Verlauf, wie sich diese Fähigkeit entwickelt (verschlechtert) kann als Hinweis über das Maß für Gebrechlichkeit, für zunehmende Unselbstständigkeit, den Sturzstatus sowie der kognitiven Möglichkeiten gewertet werden. Beim Flamingostand sind nämlich gleichzeitig die Fähigkeiten der Sinne, die der neuromuskulären Körperkontrolle sowie eine angemessene Muskelkraft gefragt. Das Fazit bei den Forschenden: der Einbeinstand ist ein sehr gutes und wichtiges Diagnoseinstrument gerade bei älteren Menschen.


Die Studie unterstreicht, dass jeder für sich mit dem einbeinigen Gleichgewichtstest seinen Zustand in Sachen gesunden Alterns feststellen kann. Die Dauer, in der ich das Gleichgewicht auf einem Bein halten kann, erweist sich als Hinweis darüber, wie es um meine koordinativen und kognitiven Fähigkeiten bestellt ist. Wenn das Ergebnis beim Test ungenügend ausfallen sollte, dann ist es an der Zeit, die Balancefähigkeiten, die Sturzprophylaxe sowie die sportlichen Aktivitäten zu schulen.

Gesundes altern zeigt sich im Vermögen der neuronalen Schaltkreise, komplexe Bewegungen zuverlässig und nachhaltig zu koordinieren


Welcher Typ sind Sie?

Eine Einschätzung, ob man gefährdet ist, kann man natürlich auch selber vornehmen. Allerdings wird diese nur eine sehr eingeschränkte Aussagekraft haben und den Arzt nicht ersparen können.

Gesund
Sie haben gesund gelebt (rote Linie), sich also gesund ernährt, Stress vermieden und waren bis ins hohe Alter sportlich aktiv (schwarze Linie).


Demenzrisiko gering.
Sorglos
Sie haben “normal” gelebt, sich also ungesund ernährt (rote Linie), oft waren Sie Stress ausgesetzt und im Alter haben Sie wenig bis gar keinen Sport mehr getrieben (schwarze Linie).

Demenzrisiko hoch.
Geläutert
Sie haben “normal” gelebt, aber im Alter sich entschieden, gesund zu bleiben, also sich gesund zu ernähren (rote Linie), Sie nehmen die Dinge gelassen und werden sportlich aktiv (schwarze Linie).

Demenzrisiko: überschaubar.

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