Vom Glück, sich die Neugier bewahren zu können
Die kognitiven Fähigkeiten sind von Mensch zu Mensch verschieden. Das liegt weniger an den unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten des Gehirns, sondern am individuellen Charakter und der Einstellung zum Leben. Wenn man im Leben genügend motiviert ist, kann man durch die folgenden sechs Hilfsfunktionen, wenn sie geschult sind und bewusst angewandt werden, seine geistigen Fähigkeiten in optimaler Weise nutzen:

1. Aufmerksamkeit: Allgemein stellt Aufmerksamkeit die Konzentration der Wahrnehmung auf bestimmte Stimuli unserer Umwelt dar. Ein wesentlicher Bestandteil von Aufmerksamkeit ist die Auswahl von Informationen (Selektion), um sie dem Bewusstsein zugänglich zu machen und das Denken und Handeln zu steuern. Aufmerksam Leben ist Bedingung für einen leistungsfähigen Geist.
2.Wahrnehmung: Sie kann als Fähigkeit definiert werden, Information über die Sinne aktiv aufzunehmen, zu verarbeiten und ihr Sinn zu verleihen. Dies gelingt natürlich nur, wenn unsere Sinne optimal funktionieren bzw.
adäquat genutzt werden. Leider nimmt der für die menschliche Kommunikation so wichtige Hörsinn im Alter rapide ab und wird nur selten rechtzeitig durch entsprechende Hörgeräte verbessert. Doch dazu später mehr.
3. Gedächtnis bezeichnet die Fähigkeit, aufgenommene Informationen umzuwandeln, zu speichern und wieder abzurufen. Unterschieden wird es in das Ultrakurzzeitgedächtnis, das Kurzzeitgedächtnis und das
Langzeitgedächtnis, welche an verschiedenen Orten im Gehirn in sehr
komplexen Netzwerken lokalisiert sind. (Zitat: Nature Arbeit 2024)
4. Die Sprache:
Sprache ist die Fähigkeit, Gedanken und Gefühle durch gesprochene Worte auszudrücken. Sie ist ein Instrument der Kognition, die uns ermöglicht, zu kommunizieren und Informationen über uns selbst oder die Welt zu organisieren und Dritten zu übermitteln. Die Kunst der Rede (Rhetorik) gilt seit der Antike als wichtige Disziplin, die insbesondere in den meinungsbildenden Prozessen eine Rolle spielt. Nicht zu unterschätzen ist hierbei die Stimmgebung oder Sprachmelodie (Prosodie), die eine hoch komplexe koordinative Leistung darstellt und eine wichtige Verbindung zur Musik darstellt.
5. Das Lernen: Lernen ist ein Prozess, bei dem Informationen in den Verstand aufgenommen und dabei verändert werden. Diese Informationen wiederum werden dazu verwendet, sie in unser früheres Wissen zu integrieren und es zu erweitern. Und natürlich sollte das Lernen nicht auf die Kindheit beschränkt sein. Im Alter lässt die Bereitschaft, Neues zu lernen gerne mal nach.
6. Denken und Reflektieren
ist für alle kognitiven Prozesse grundlegend. Es erlaubt uns, alle Informationen, die wir erhalten, zu integrieren und Beziehungen zwischen Ereignissen und Wissen herzustellen. Dafür werden logisches Denken, Synthese und Problemlösung (exekutive Funktionen) benötigt. Der Wahlspruch der Aufklärung, „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ wird bis heute sehr oft vernachlässigt, obwohl in unserer Zeit der schier unendlichen Informationsflut, gerade dieser Fähigkeit für die Evolution des Menschen eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Im Alter bedeutet Reflektieren auch die Bereitschaft, seine eigenen Überzeugungen („das war schon immer so“) zu hinterfragen. Wer möchte schon gerne seine liebgewordenen Überzeugungen erschüttern und im Alter fällt das besonders schwer.
https://www.medien.ifi.lmu.de/lehre/ws0506/mmi1/kognitive-faehigkeiten.xhtml
Neugier, kein Privileg der Jugend!
Eigentlich sollte es nicht schwer sein, sich die Hilfsfunktionen der Kognition zu bewahren. Aufmerksam durchs Leben gehen macht es überhaupt erst interessant und zur Aufmerksamkeit gehört, die Menschen um sich herum und die Geschehnisse in der Welt bewusst wahrzunehmen. Neugier und Interesse am Leben sind ein hohes Gut. Sie sollten kein Privileg der Jugend sein und dazu gehören die Bereitschaft, neues lernen zu wollen und alle Dinge zu reflektieren, für die es sich lohnt, zu leben.